Wann der geplatzte Prozess gegen Antoinette P. stattfindet, ist unklar Foto: dpa

Foto: dpa
Die Staatsanwaltschaft wird einer Unternehmerin aus Winnenden vor, sie habe Spenden veruntreut. Das Geld sei für kranke Kinder gedacht gewesen.

Stuttgart - Ein Dorf mit sechs Häusern und großzügig angelegtem Außenbereich für Kinder aus aller Welt, die sich dort von schwerer Krankheit erholen können – wer findet ein solches Vorhaben nicht gut? Jetzt gilt es, die Trommel zu rühren und fleißig Spenden zu sammeln. Das soll P. übernommen haben.

Als Geschäftsführerin einer Stiftungs-GmbH mit dem klingenden Namen Villa Sans Souci soll sie knapp 100 000 Euro Spendengelder veruntreut haben. Geld, das für das sogenannte internationale Kindercamp im mecklenburgischen Sparow gespendet worden war.

Im Oktober 2010 war großer Bahnhof in dem Dörfchen Sparow. TV-Moderatorin Nina Ruge war angereist. Innenminister Lorenz Caffier gab sich ebenso die Ehre wie die Landrätin und weitere Honoratioren. Fernsehkameras surrten, Kameras klickten. Der Spatenstich für das Kinderdorf stand an. Unter den hochmögenden Personen natürlich P., die Frau aus Winnenden mit dem großen Herzen für kranke Kinder.

Ein schwäbischer Unternehmer, der in Mecklenburg unter anderem ein Hotel betreibt, hatte der Stiftung Villa Sans Souci ein 45 Hektar großes Grundstück im Wert von 380 000 Euro überlassen, auf dem in sechs hübschen Häusern 60 kranke Kinder betreut werden sollten.

Alle waren bester Stimmung, Verlegerin und Stiftungsgeschäftsführerin P. zeigte sich ergriffen: „Ich bin sehr berührt“, so die heute 63-Jährige. Und die Kommunalpolitik war sich sicher: „Nicht nur ganz Deutschland wird nach Sparow schauen, sondern die ganze Welt.“

Der schöne Traum ist zerplatzt wie eine Seifenblase. Die Grundstücksspende ist rückabgewickelt, das Schild, das auf den Bau des Kindercamps hinweist, steht nicht mehr. Diese Erfahrung hatten vor Sparow bereits andere Gemeinden gemacht. Erst sollte das Kinderdorf 2005 in der Villa Gutmann in Potsdam entstehen, dann hieß es, das Schloss Marquardt bei Potsdam bekomme den Zuschlag. Studenten hatten die Planung bereits fertig.

Liebenberg im brandenburgischen Landkreis Oberhavel war die nächste Station. Eine Bank hatte der Stiftung das Areal zur Verfügung gestellt. Das war 2008. Dann kam Sparow. Überall großer Prominentenauflauf. Gebaut wurde nichts, nirgends.

P. scheint alle um den Finger gewickelt zu haben. Sie pflegte beste Kontakte zu den Schönen, Reichen, Berühmten. Der inzwischen verstorbene Maler Jörg Immendorf, Ex-Bundespräsident Horst Köhler, Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer, Nina Ruge, Sebastian Vettel, Bill Clinton, Sabine Christiansen, die französische Starpianistin Hélène Grimaud – sie überließen P. Bilder, sie spendeten, ließen sich mit der 63-Jährigen ablichten oder schrieben ein Grußwort. Es heißt, sogar die Bundeskanzlerin habe gespendet, was allerdings nicht zweifelsfrei belegt ist.

Aus, vorbei. Am 20. Februar sollte der Prozess gegen P. am Landgericht Stuttgart stattfinden. Er musste verlegt werden, weil die Angeklagte krank war. So auch am 13. März – P., die nach kurzer U-Haft wieder auf freiem Fuß ist, war erneut unpässlich.

Wann die 11. Strafkammer verhandeln kann, ist unklar, vielleicht im Mai. Spannend wird es auf jeden Fall. Die Frau, die ein „internationales Business-Magazin“ herausgibt und die Chefin einer „Gesellschaft für visuelle und verbale Kommunikation“ ist – beides mit Sitz in Winnenden –, soll Spendengelder veruntreut und die Insolvenz dreier ihrer Gesellschaften verschleppt haben. Zudem wird ihr vorgeworfen, die Agentur für Arbeit in Waiblingen um Kurzarbeitergeld betrogen und Firmengelder privat abgeschöpft zu haben. Zu allem Übel habe sie einen Kunden um satte 210 000 Euro betrogen. Es heißt, sie wolle ein Geständnis ablegen, um noch die Chance auf eine Bewährungsstrafe zu haben.