Im Landgericht Stuttgart wird zurzeit zu einer mutmaßlichen Vergewaltigung in Sindelfingen verhandelt. Foto:  /Natalie Kanter

Im Prozess vor dem Landgericht Stuttgart bestätigt das 24-jährige mutmaßliche Opfer die Anklage jedoch in weiten Teilen.

Vollkommen widersprüchliche Aussagen des Angeklagten und seines mutmaßlichen Opfers haben den zweiten Tag im Prozess wegen besonders schwerer Vergewaltigung auf einem Spielplatz in Maichingen im Februar dieses Jahres am Landgericht Stuttgart gekennzeichnet.

Zunächst ließ der 25-jährige Böblinger, der 2015 aus Syrien nach Deutschland geflüchtet war, über seine Anwältin erklären, er habe die Frau weder vergewaltigt, noch ihr Geld abgenommen oder sie um 3000 Euro erpresst. Die Frau habe ihm ein Freund Anfang des Jahres vorgestellt und gesagt, sie habe ein Problem, weil sie erpresst werde. Er habe ihr keine Hilfe angeboten, sie sei ihm „komisch“ vorgekommen.

Laut dem Angeklagten hat sie Sex verlangt

Zwei Wochen später hätten sie sich wieder zu dritt getroffen, er habe mit ihr doch die Handynummern ausgetauscht. Nach Aussage der Anwältin hat sie ihn zunächst blockiert, später jedoch über Whatsapp kontaktiert und um ein Treffen gebeten. Zudem habe sie verlangt, dass er sie dort mit einem anderen Namen anspreche. Als sie sich in Maichingen getroffen hätten, habe sie ihm einen Joint angeboten, was er abgelehnt habe. „Da hat sie gesagt: Du bist ein Schwacher“, führte die Anwältin aus. Dann habe sie ihn angewiesen, die Augen zu schließen, ihn geküsst und Sex von ihm gewollt.

Er habe das mit Hinweis auf seine Ehe abgelehnt, daraufhin ist sie laut Anwältin aggressiv geworden. Die Frau habe ihn aufgefordert, sie mit dem Handy zu filmen, während sie sich als Hure und Schlampe bezeichnet habe. „Er hat sich dabei unwohl gefühlt, es aber dennoch gemacht“, erklärte die Verteidigerin. Das Video habe er behalten, weil sie gedroht habe, ihn zu erpressen.

Redebedarf nach Streit mit Freund

Redebedarf nach Streit mit dem Freund

Gänzlich anders schilderte die 24-jährige Sindelfingerin den Ablauf der Dinge – immer wieder stockend und mit langen Pausen. Sie habe über das soziale Netzwerk Instagram einen Mann kennen gelernt, nachdem sie sich von ihrem Freund getrennt habe. Dieser habe sie anlässlich eines Einkaufs in Böblingen dem Angeklagten vorgestellt. Bei dieser Gelegenheit hat der Mann dem Angeklagten erzählt, so die Zeugin, dass sie früher mal belästigt worden sei. Der Angeklagte habe seine Hilfe angeboten, was sie aber abgelehnt habe; er sei ihr „komisch“ vorgekommen.

Nachdem sie sich mit der Instagram-Bekanntschaft wegen Sex gestritten und diese blockiert hatte, habe sich drei Tage später der Angeklagte bei ihr gemeldet. Sie hat ihm nach eigener Aussage klar gemacht, dass sie keinen Kontakt wolle. Zweimal habe sie ihn danach in Böblingen getroffen, als sie mit Freundinnen unterwegs war. Als sie ihm mit der Polizei drohte, habe er geantwortet: „Du hast dich mit dem Falschen angelegt.“ Bei seinem nächsten Anruf habe sie das Handy an ihre Mutter gereicht, diese habe gesagt, die Angerufene habe eine neue Nummer.

„Komische Nachricht von einer unbekannten Nummer“

Ein paar Tage später sei „eine komische Nachricht von einer unbekannten Nummer“ gekommen. Da sie sich zuvor wieder mit ihrem Freund verkracht und Redebedarf hatte, habe sie sich auf ein Treffen in Maichingen eingelassen. „Ich wollte wissen, wer das ist“, erklärte die 24-Jährige. Sie sei ziemlich sauer gewesen, dass sie am Bahnhof den Angeklagten getroffen habe, der ihr gestanden habe, er sei auf diese List verfallen, weil sie sich sonst nicht mit ihm getroffen hätte.

Da es stark regnete, seien sie zu einer Hütte am Spielplatz gegangen. Dort hätten sie zunächst geredet, dann sei „sein Lächeln aber einem bösen Gesicht“ gewichen. Er habe sie mit einem Messer bedroht und sie gezwungen, erst einen Joint zu rauchen und ihn dann oral zu befriedigen. Anschließend hat er sie nach ihrer Aussage vergewaltigt und ein Video von ihr gemacht, bei dem sie ihre Brüste entblößen musste und sich als Schlampe und Hure bezeichnen musste. „Ich war total machtlos“, erklärte die Frau.

Seit dem Vorfall in psychiatrischer Behandlung

Seitdem in psychiatrischer Behandlung

Danach habe er ihr 20 Euro aus dem Geldbeutel genommen und ihre EC-Karte an sich genommen. Nach ihrer Aussage hat er ihr gedroht, sie müsse ihm in der nächsten halben Stunde 3000 Euro bringen, sonst werde er das Video veröffentlichen. Sie sei dann nach Hause gerannt, ihr Vater habe die Polizei verständigt. Der Vorfall beschäftigt sie bis heute. „Ich bin psychisch kaputt, schlafe schlecht und bin drogensüchtig geworden“, erklärte die Frau. Dreimal habe sie versucht sich umzubringen, sie sei in psychiatrischer Behandlung. Der Prozess wird fortgesetzt.