Ein 50-jähriger Mann muss sich am Landgericht Heilbronn wegen versuchten Mordes und schwerer Brandstiftung in Bietigheim-Bissingen verantworten.
Schon vor dem Prozess gibt es auf dem Flur des Heilbronner Landgerichts Aufregung. „Der Angeklagte ist ein gefährlicher Mann, ich will vor ihm von Polizisten abgeschirmt werden“, fordert ein Mann. Warum er so reagiert, erschließt sich den zahlreichen Prozessbeobachtern kurz darauf, als der 60-Jährige als Zeuge aufgerufen wird. Es ist der ehemalige Vermieter des Angeklagten – und was er erzählt, bestätigt die Anklage wegen versuchten Mordes und besonders schwerer Brandstiftung in weiten Teilen und dürfte den meisten Zuhörern eine Gänsehaut verursacht haben.
Der Architekt erzählte, er habe die freie Wohnung in seinem Haus in der Gartenstraße in Bietigheim-Bissingen im Jahr 2022 an den Angeklagten und seine Familie vermietet, da ihn das Schicksal der Familie berührt habe. „Sie lebten seit acht Jahren mit mehreren Kindern in einem engen Zimmer in einer Flüchtlingswohnung. Ich wollte helfen, obwohl ich 100 andere Interessenten hatte“, berichtete der Vermieter.
Mietvertrag wird nicht verlängert
Am 8. September des vergangenen Jahres sei es zu einem Gespräch gekommen, bei dem er seinem Mieter eröffnet habe, dass er den Mietvertrag nach drei Jahren nicht mehr verlängern werde und sich der Angeklagte bis August 2025 eine neue Wohnung suchen müsse. Auch um den Mietrückstand des 50-Jährigen sei es gegangen, da dieser seinen Job verloren habe. Das Gespräch habe nur zehn Minuten gedauert, sein Mieter habe angespannt gewirkt. Er sei zu Bett gegangen, als er Radau im Treppenhaus gehört habe.
Laut der Anklage der Staatsanwaltschaft passierte darauf Folgendes: Der 50-Jährige soll versucht haben, in die Dachgeschosswohnung des Hauses zu gelangen und habe mit einem Hammer und Schraubenzieher gegen die Tür geschlagen. Er habe der dort wohnenden Familie gedroht, sie sollten rauskommen, sonst würden sie „heute Nacht nicht schlafen können“.
Nachdem er dort gescheitert war, soll er vor die Wohnung seines Vermieters gelaufen sein und dort Steine gegen die Terrassentür und auf das Auto geworfen haben und dabei einen Schaden von 15 000 Euro verursacht haben. Als der Vermieter mit seiner Familie vor die Tür kam, habe er auch auf diese Steine geworfen. Die Ehefrau sei von einem Brocken am Oberarm getroffen worden und habe Schmerzen und ein Hämatom erlitten. Schließlich sei der Angeklagte von der Polizei festgenommen und auf dem Revier verhört worden, gegen Mitternacht aber wieder frei gelassen worden.
Am nächsten Morgen, als seine Frau und ein Sohn das Haus schon verlassen hatten, soll der Angeklagte gegen 7.30 Uhr eine Kerze umgeworfen und den Teppich und Kleidung in Brand gesetzt haben. Anschließend habe er ein brennendes Handtuch ins Schlafzimmer geworfen, sodass sich der Brand in der Wohnung schnell ausbreitete. Anschließend hat er laut Anklage seine beiden Töchter, die im Bad waren, alarmiert und sei mit ihnen durch ein Fenster auf ein Flachdach geflohen.
Das Erdgeschoss ist unbewohnbar
„Ihm war bewusst, dass sechs weitere Personen im Haus waren und im Treppenhaus schon Rauch war“, trug die Staatsanwältin vor. Alle Bewohner hätten sich glücklicherweise retten können, einige hätten eine leichte Rauchgasvergiftung erlitten. Die Feuerwehr habe den Brand löschen können. Das Erdgeschoss des Hauses sei jedoch unbewohnbar, der Gesamtschaden betrage 500 000 Euro.
Als der Vermieter den Angeklagten gefragt habe, ob er den Brand gelegt habe, soll dieser sich mit dem Zeigefinger über den Hals gefahren haben und gesagt haben: „Ich habe sieben Brüder in Deutschland, die werden dich umbringen.“ Die Anklage lautet auf versuchten Mord, besonders schwere Brandstiftung, Beleidigung, Bedrohung, Sachbeschädigung und gefährliche Körperverletzung.
Der Angeklagte wollte sich am ersten Prozesstag in Heilbronn weder zu seiner Person noch zu den Tatvorwürfen äußern. Laut seines Verteidigers ist dies am dritten Verhandlungstag, der auf den 2. April festgesetzt ist, geplant. Für den Prozess sind sechs weitere Verhandlungstage angesetzt, das Urteil soll voraussichtlich am 16. Mai verkündet werden.