Das Verwaltungsgericht Stuttgart muss über die Klage einer Frau aus Vaihingen entscheiden. Foto: dpa

Mehr Rücksicht auf die Anwohner – das will eine Frau aus Vaihingen vor Gericht erstreiten. Konkret soll die Stadt künftig dafür sorgen, dass bei öffentlichen Feste nicht zu laut gefeiert wird. Eine Einigung scheint schwierig.

Vaihingen - Die Liste ist durchaus lang und liest sich wie ein Auszug aus dem Veranstaltungskalender der Stadt Vaihingen: Die „Pool Party“ im Enztal-Freibad, das Festival „Jazz auf der Enz“, das „Open-Air-Kino“ im Hof der Ferdinand-Steinbeis-Realschule: All diese Feste fanden im Sommer 2015 statt. Aufgelistet haben sie Helga Meyer (Name geändert) und ihr Anwalt Roland Kugler. Denn die Feste sind Kern eines Rechtsstreits, den Mayer gegen die Stadt Vaihingen führt.

 

Insgesamt umfasst die Klageschrift 19 Veranstaltungen. Der Vorwurf: bei diesen Festen werde sie als Anwohnerin über Gebühr mit Lärm belästigt. In Zukunft will sie das aber nicht mehr hinnehmen. Vielmehr soll die Stadt, die die Feste genehmigt, künftig dafür sorgen, dass bei öffentlichen Veranstaltungen bestimmte Lärm-Grenzwerte nicht mehr überschritten werden.

Vor allem die besondere Wohnlage seiner Mandatin sei ein Grund für den vielen Lärm, sagt der Stuttgarter Anwalt. In dem Wohngebiet oberhalb der Enz sei sie von allen Seiten dem Veranstaltungs-Lärm ausgeliefert – ganz gleich, auf welchem Platz gerade gefeiert würde. „Sie sitzt da wie auf einem Kegel“, sagt Kugler.

Er sieht mit dem Lärm die Rechte seiner Mandantin verletzt – schließlich gebe es klare Regeln, welche Grenzwerte in einem reinen Wohngebiet einzuhalten seien. Konkret verlangt seine Mandatin nachts einen Wert von 35 Dezibel, tagsüber von 50. Diese Werte ergeben sich laut Kugler aus den gültigen Bestimmungen. Die Stadt, die die Genehmigungen für die Feste erteilt, müsse künftig dafür sorgen, dass die Veranstalter diese auch einhalten.

Laut Kugler hat seine Mandantin in der Vergangenheit mehrfach versucht, sich ohne Juristen mit der Stadt zu einigen – ohne Ergebnis. Sie sei darauf verwiesen worden, bei zu lauter Musik einfach die Polizei zu rufen, sagt der Rechtsanwalt. „Die fühlten sich von meiner Mandantin einfach genervt.“ Doch er betont, es gehe der Frau nicht darum, dass keine Feste mehr gefeiert werden dürfen. Es gehe darum, im Sommer nicht an jedem Wochenende von allen Seiten mit Festlärm umgeben zu sein.

Eine andere Sicht der Dinge hat man naturgemäß bei der Stadt. Laut Matthias Volk, dem Leiter des Ordnungsamts, liegen keine objektiven Messungen vor, die zeigen würden, dass Meyer in ihrem Haus während der Fest-Saison nicht mehr ruhig schlafen kann. Man habe daher ein Gutachten in Auftrag gegeben, welches die tatsächlichen Lärmwerte erheben soll. Die Ergebnisse lägen aber nicht vor.

Besondere Versäumnisse der Verwaltung sieht Volk nicht, weder würde die Stadt laxe Regeln für die Veranstaltungen aufstellen, noch gebe man besonders viele Lizenzen für Feste heraus. „Wir halten uns an die rechtlichen Spielregeln“, sagt Volk.

Genau das bezweifeln Meyer und ihr Anwalt Kugler jedoch. Um deutlich zu machen, dass die Lärmbelästigung kein subjektives Empfinden von Frau Meyer ist, hat die Klägerin im vergangenen Jahr auf eigene Kosten den Gutachter kommen lassen – mit dem Ergebnis, dass zu beiden Messzeitpunkten die Werte teils deutlich überschritten wurden.

Wie verhärtet die Fronten in der Auseinandersetzung sind, zeigte sich bei einem ersten nicht-öffentlichen Erörterungstermin vor dem Verwaltungsgericht am Freitag. Beide Seiten konnten sich dabei nicht auf einen Vergleich einigen, auch bezweifelt die Stadt den Wert des Gutachtens der Klägerin. Nach der Sommerpause wird das Verfahren wohl eröffnet, ein konkretes Datum für die Verhandlung steht aber noch aus. Roland Kugler sagt, er gehe davon aus, dass in diesem Fall das Gericht wohl einen dritten Gutachter bestellen wird.