Das Stuttgarter Landgericht verhandelt gegen einen 25-Jährigen aus Korntal-Münchingen. Foto: dpa

Ein junger Mann steht seit Mittwoch vor dem Stuttgarter Landgericht, weil er versucht haben soll, seine Ehefrau zu töten. Mit einem Messer soll er sie in einer Ludwigsburger Wohnung lebensgefährlich verletzt haben.

Ludwigsburg - Als die junge Frau mit dem braunen Kopftuch zu sprechen beginnt, hält der Angeklagte sich die Ohren zu. Offenbar will der 25-Jährige nicht hören, was seine Ehefrau, die zwischenzeitlich die Scheidung eingereicht hat, zu sagen hat. Was die Zeugin am Mittwoch den übrigen Beteiligten und der Neunten Großen Strafkammer des Landgerichts Stuttgart schließlich erzählt, klingt grausig.

Am 13. Mai dieses Jahres sei sie nach Ludwigsburg gekommen, um sich von einer Bekannten zu verabschieden, die für eine längere Zeit in den Irak reisen wollte. Auf der Straße nahe dem Bahnhof seien sie dem Angeklagten begegnet, von dem sie sich bereits vor Monaten getrennt hatte – und gegen den sie vor dem Besigheimer Amtsgericht eine Kontaktsperre erwirkt hatte.

Insgesamt sieben Mal soll Mann zugestochen haben

Im Laufe eines laut ausgetragenen Streits in der Wohnung eines Bekannten habe ihr Mann schließlich begonnen, sie immer fester zu schlagen. Als sie vom Sofa aufstehen wollte, um sich in Sicherheit zu bringen, habe sie einen weiteren Schlag in den Bauch gespürt und schließlich gesehen, dass der Angeklagte ein blutverschmiertes Küchenmesser in seiner Hand hielt, mit dem er dann weitere Male auf sie eingestochen habe.

Genau sechs weitere Stiche soll der Angeklagte laut der Staatsanwaltschaft seiner Frau zugefügt haben. Neben der lebensgefährlichen Wunde im Oberbauch hatte das mutmaßliche Opfer auch Verletzungen am Rücken, der Schulter und dem Unterarm erlitten. Vor allem der Stich in den Bauch sei lebenbedrohlich gewesen, da die Klinge auch einen Lungenflügel verletzte. In einer Notoperation im Ludwigsburger Klinikum hätten die Ärzte zwar das Leben der Frau retten können, für die Staatsanwaltschaft ist allerdings klar: der Mann versuchte, seine Frau zu töten. Daher lautet die Anklage nicht nur auf gefährliche Körperverletzung, sondern auch auf versuchten Mord.

Der Angeklagte wollte sich zum Prozessauftakt am Mittwoch nicht zu den Vorwürfen äußern, sein Verteidiger zitierte aber aus einem Schreiben an den Anwalt des mutmaßlichen Opfers, worin der 25-Jährige die Geschehnisse bedauert.

Schon lange gab es offenbar Streit zwischen den Eheleuten

Wie am ersten Prozesstag erkennbar wurde, scheint die Eskalation im Mai nur der dramatische Endpunkt eines schon lange andauernden Ehestreits gewesen zu sein. So jedenfalls schilderte es die 25-Jährige, die mit ihrem Mann im vergangenen November aus dem Libanon über die Türkei und die mittlerweile geschlossene Balkanroute nach Deutschland kam. Schon kurz nach der Heirat im Februar 2015 habe ihr Mann sie geschlagen, auch in Deutschland sei er gewalttätig geworden, zum Beispiel, wenn ihr Kleidungsstil ihm nicht passte. „Er ist der Meinung, nur durch Schläge hört eine Frau“, sagte sie.

Nach der Ankunft in Deutschland lebten die Eheleute wenige Monaten in einer gemeinsamen Wohnung in Korntal-Münchingen, aus der das mutmaßliche Opfer im Februar aber auszog, nachdem sie ein gemeinsames Kind während der Schwangerschaft verlor. „Er hat dieses Kind nicht gewollt“, berichtete die Frau.

Der Angeklagte bestreitet, seine Frau jemals geschlagen zu haben, auch das gemeinsame Kind habe er gewollt. „Es war eine tolle Liebesgeschichte“, versicherte er. Ein Urteil soll in zwei Wochen fallen.