Vor Gericht streitet der Angeklagte alle Vorwürfe ab. Foto: dpa-Zentralbild

Einem 24-jährigen Mann wird vorgeworfen, seine Freundin brutal misshandelt zu haben. Er steht wegen Vergewaltigung und Körperverletzung vor dem Stuttgarter Landgericht. An den Vorwürfen sei überhaupt nichts dran, behauptet er.

Kirchberg - Auf dem rechten Unterarm des 24-jährigen Angeklagten prangt auffällig in Großbuchstaben die Tätowierung „Pain“ – Schmerz. Mit sadomasochistischen Sexualpraktiken habe er nichts am Hut, betont er jedoch, von der Vorsitzenden Richterin der 5. Strafkammer, Ute Baisch, danach gefragt. Laut der Anklage hat er ein Sadomaso-Verhältnis mit seiner früheren Freundin geführt, mit der er in Kirchberg an der Murr lebte. In der gemeinsamen Wohnung soll es zu Übergriffen des Mannes gegenüber der Frau gekommen sein, die zweimal sogar in brutale Vergewaltigungen gemündet seien.

Davon sei nichts wahr, behauptet der Altenpfleger, der heute im Fränkischen wohnt, woher er auch stammt. Seine Freundin, mit der er von 2014 bis 2015 zusammen war, habe ihn zu sadomasochistischen Praktiken überredet. „Ich selbst habe nie auch nur daran gedacht“, behauptet er. Schenkt man seinen Angaben Glauben, hat seine Freundin zwar gern die Unterwürfige gespielt, in der Beziehung darüber hinaus jedoch überaus dominant den Ton angegeben. Das sei der Grund, weshalb er ständig von „wir“ spreche, wo er doch nach Meinung der Richterin „ich“ sagen müsste. „Jetzt kommen Sie mal zum Punkt“, sagte die von den ständig abschweifenden Ausführungen des Angeklagten sichtlich verärgerte Richterin mehrmals.

Wegen Beziehungsstress depressiv geworden

Allein die Angaben zur Person des Angeklagten zogen sich schier endlos in die Länge. Larmoyant schilderte der 24-Jährige seine Versuche, verschiedene Dinge im Leben auf die Beine zu stellen. So habe er zuerst seinen Beruf erlernt, dann aber sei ihm bewusst geworden, dass er lieber als Musiker sein Leben gestalten wollte. Deshalb meldete er sich bei der Pop-Akademie in Fellbach an. Die Kosten für die zwei Jahre dauernde Ausbildung übernahmen seine Eltern. Diese finanzierten auch seinen Lebensunterhalt. In dieser Zeit wohnte er in einer Musiker-WG in Schmiden. „Das war ein Haus, in dem sieben Musiker lebten.“

Seine Freundin habe er über das Internet kennengelernt. In dem Internet-Strategiespiel „World of Warcraft“ hätten sie sich über die Funktion „Team-Sprech“ unterhalten, wenig später habe er sich dann mit der Frau getroffen, die damals in der Nähe von Heidelberg lebte. „Sie hatte noch mit ihrem Mann zusammengewohnt. Seit der Geburt der Tochter war sie manisch-depressiv“, berichtete er weiter. Die Beziehung zu ihrem Mann, mit dem die Frau eine Tochter hat, sei keine gute gewesen.

Er habe sich von da an nur noch um die Frau gekümmert, seine Ausbildung vernachlässigt und sei nun seinerseits depressiv geworden. Zu der Zeit seien sie bereits in eine gemeinsame Wohnung in Kirchberg gezogen. Diese bezahlte die Frau, die wegen ihrer schweren Krankheit bereits verrentet war. „Sie haben also von ihr gelebt“, konstatierte die Richterin, nachdem sie auf ihre Frage, wer denn die Miete bezahlte, keine direkte Antwort bekam. Der Angeklagt nickte: „Ja, stimmt.“

Seine Freundin habe darauf bestanden, dass er nach Winnenden in die Psychiatrie gehe. Von dort kam er dann zusammen mit einem anderen Patienten zurück, der mit in die Wohnung zog. Mit diesem habe seine Freundin ein Verhältnis angefangen. Er sei schließlich ausgezogen, ohne auch nur einmal die Stimme erhoben zu haben.

Laut der Anklage kam es zu brutalen Misshandlungen

Die Anklageschrift zeichnet ein anderes Bild. Danach soll der Angeklagte die Frau geschlagen, an den Haaren durch die Wohnung geschleift, gezwickt, gebissen und gewürgt haben – selbst dann, wenn sie das vereinbarte Codewort „Parler!“ gesagt habe – eine Verabredung, wenn es dem masochistischen Teil einer solchen Liaison zu viel wird. Zwei Mal habe er die Frau im Bett brutal vergewaltigt. Diese habe nur deshalb keine Gegenwehr mehr geleistet, um nicht noch größere Schmerzen erleiden zu müssen.

Für den Prozess sind insgesamt drei Verhandlungstage vorgesehen.