Die Zeugenaussage vor dem Landgericht ließ tief blicken. Foto: Weingand / STZN

Eine Frau schildert, wie perfide sie um 128 000 Euro gebracht wurde. Die Anrufer, die sich als Polizisten ausgaben, schickten zwei Männer, um das Geld zu holen. Einem von ihnen wird nun der Prozess gemacht.

Stuttgart/Waiblingen - Die Anrufer nannten sich Herr Müller und Frau Höfling. Von der Kriminalpolizei Villingen seien sie, erzählten sie am 8. November 2017 einer 72-Jährigen aus der Doppelstadt an der Grenze von Württemberg und Baden. Allerdings stimmten weder diese Behauptung noch die Namen der Anrufer. Die beiden haben die Ärztin zusammen mit mindestens zwei weiteren Komplizen kurz darauf um 128 000 Euro betrogen.

Dazu haben die Täter die Frau am Telefon systematisch verunsichert und sich anschließend in deren Vertrauen geschlichen. Vor Gericht berichtete die Frau am Freitag, wie sie zuerst von den Anrufern in Kenntnis gesetzt worden war, ihr Geld sei in Gefahr. „Die haben gesagt, bei der Festnahme einer Verbrecherbande sei eine Liste von potenziellen Opfern gefunden worden, auf der auch mein Name stand“, sagte die sichtlich aufgeregte Frau im Zeugenstand.

Zwei Stunden lang gibt die Frau die Nummern der Banknoten durch

In dem Prozess geht es um einen 40-Jährigen, der wegen Betruges angeklagt ist. Er hat zugegeben, von der Frau am 9. November 2017 ein Päckchen überreicht bekommen zu haben. Was darin gewesen sei, habe er allerdings nicht gewusst. Der in Frankfurt lebende Mann behauptet, lediglich einem Bekannten einen Gefallen getan zu haben und diesen, der kein Auto hat, chauffiert zu haben. Jener habe auf der Fahrt immer wieder von einem Anrufer Anschriften genannt bekommen. In einen weiteren Fall soll der 40-Jährige ebenfalls verwickelt sein. Dabei wurde im November 2017 versucht, einem Waiblinger auf die selbe Weise 130 000 Euro abzuknöpfen.

„Bis ich an dem Abend schlafen konnte – es war entsetzlich“, erinnerte sich die 72-Jährige, die bis heute unter dem Betrug leidet. Nicht nur, dass sie sich nun nicht wie geplant etwas gönnen und auch nicht verreisen könne. Vor allem die Vorstellung, ihre gesamten Ersparnisse wildfremden Menschen überlassen zu haben, treibe sie um. „Machen Sie sich selbst keine Vorwürfe. Was Ihnen passiert ist, kommt leider immer wieder vor“, versicherte ihr der Vorsitzende Richter Norbert Winkelmann.

Nach dem ersten Anruf sei sie völlig verunsichert gewesen, berichtete die Frau weiter. Die beiden angeblichen Kriminalpolizisten hätten sie mehrmals angerufen und ihr versichert, auf sie aufzupassen. Aus Sicherheitsgründen habe sie ihr Geld abheben und den vermeintlichen Polizisten übergeben sollen. Ihr Einwand, sie habe in dem Zusammenhang schon von Betrügereien in der Zeitung gelesen, konterten die Anrufer mit ihrer Telefonnummer, die auf dem Display angezeigt wurde . „Das war die 110, allerdings einmal mit Villinger und einmal mit Schwenninger Vorwahl.“ Das habe sie aber nicht weiter stutzig gemacht.

Ein Polizist spricht auffallend gebrochenes Deutsch

Schließlich hob die Frau am Morgen des 9. November ihre gesamten Ersparnisse ab. Kurz darauf rief wieder die „Polizistin“ an und forderte die 72-Jährige auf, ihr von sämtlichen Banknoten die Seriennummern zu nennen. „Das dauerte rund zwei Stunden.“ Anschließend sagte „Herr Müller“, es komme nun ein Polizist vorbei und hole das Geld: der Angeklagte. „Mir kam es seltsam vor, dass ein Polizist gebrochen Deutsch spricht. Er hat mir ein Telefon hingehalten und gesagt, ich solle mit Herrn Müller sprechen. Der war dran und sagte mir, der Kollege tarne sich als Ausländer, um keinen Verdacht zu erregen.“

Das Geld verschwand auf Nimmerwiedersehen. Perfiderweise riefen die Gauner wenig später noch mal bei der Frau an. „Sie sagten, sie hätten zwei weitere Bandenmitglieder verhaftet und ich würde mein Geld nun bald zurückbekommen.“ Die 72-Jährige rief dennoch die echte Polizei.

Für den Prozess sind vier weitere Tage bis Ende Juni vorgesehen. Am 6. Juni wird die Verhandlung fortgesetzt.