Die 19. Große Strafkammer des Landgerichts muss klären, wer in dem Vergewaltigungsprozess die Unwahrheit sagt. Foto: Weingand / STZN

Der 24-jährige Angeklagte bestreitet den Vorwurf, eine 19-Jährige in Waiblingen sexuell bedrängt und an ihr „beischlafähnliche Handlungen“ vorgenommen zu haben.

Winnenden - Die Staatsanwaltschaft stuft jenen Vorfall vom 13. Juli dieses Jahres in Waiblingen als eine Vergewaltigung ein: Ein heute 24-jähriger Mann soll eine junge Frau gegen 22.40 Uhr bedrängt, auf einem Parkplatz letztlich in die Hose gefasst und mit einem Finger „beischlafähnliche Handlungen“ an ihr vorgenommen haben. Die 19-Jährige war auf dem Weg vom Bahnhof in ein Internat, in dem sie während ihrer Ausbildungszeit wohnt.

Der Angeklagte bestreitet die Tat

Der Angeklagte, der sich seit Dienstag vor der 19. Großen Strafkammer des Landgerichts Stuttgart verantworten muss, bestreitet den Vorfall, beziehungsweise stellt ihn völlig anders dar. Der Mann, der vor drei Jahren aus Afghanistan nach Deutschland geflüchtet ist und nach eigenen Angaben zurzeit gegen einen abgelehnten Asylantrag klagt, will die junge Frau schon seit einiger Zeit kennen. Sie sei regelmäßig in den Pizzaservice gekommen, in dem er zunächst auf Minijobbasis und zuletzt als Angestellter gearbeitet habe. Meist habe sie sich Energiedrinks gekauft. Sie hätten sich gegrüßt und unterhalten, sogar Telefonnummern ausgetauscht, behauptet der Mann, der sich in dem Prozess von einem Dolmetscher auf Paschtu übersetzen lässt. Einmal habe er ihr zehn Euro geliehen.

Der Muslim will auf den Koran schwören

An jenem Abend sei sie wieder in die Pizza gekommen, habe ihm gesagt, sie benötige 100 Euro. Er habe einen Kollegen um zehn Euro gebeten und weil dieser nur größere Scheine im Portemonnaie gehabt habe, 20 erhalten. Diese habe er der jungen Frau ausgehändigt. Er habe sie dann in seiner Arbeitspause ein Stück auf dem Heimweg begleitet. Als sie ihn plötzlich festgehalten und mehr Geld eingefordert habe, da habe er sich aus ihrem Griff befreit, behauptet er, und sei zurück in den Laden gelaufen. „Ich habe Sie nicht berührt“, erwiderte er auf Vorhaltung des Vorsitzenden Richters, „ich bin gläubiger Muslim, ich kann das auch auf den Koran schwören.“

Darauf wiederum wollte der Richter nicht eingehen. Er fragte stattdessen nach einem weiteren Vorfall, etwa einen Monat zuvor, zu dem offenbar auch ein Ermittlungsverfahren gegen den 24-Jährigen anhängig ist. Demnach soll er aus einer Gruppe heraus in Winnenden ein Mädchen mit unflätigen Aufforderungen belästigt haben – wofür letztlich indes ein Landsmann von deren Freund eine körperliche Abreibung erhalten haben soll. Der 24-Jährige sagt, dass er selbst nicht direkt beteiligt gewesen sei. Er habe sich an dem Platz wegen des dort kostenlosen WLAN-Zugangs mit seinem Handy beschäftigt.

Angeblich regelmäßig verbale Anmache

Eine Heimerzieherin, die in dem Waiblinger Internat jene Gruppe betreut, in der das mutmaßliche Opfer des jetzt angeklagten Vorfalls lebt, charakterisierte die junge Frau als verlässlich und glaubwürdig. Auf Nachfrage des Nebenklägers, ob sie sich vorstellen könne, dass zu den Ereignissen die Fantasie mit der 19-Jährigen durchgegangen sei, antwortete sie: „Nein, es für mich nicht vorstellbar, dass sie lügt oder das nur erfunden hat.“

Allgemein bekannt sei hingegen, dass immer wieder Mädchen oder Erzieherinnen auf dem Weg vom Bahnhof zum Internat aus dem Pizzaservice heraus verbal angemacht würden. Dem Vernehmen nach seien es immer dieselben zwei Mitarbeiter. Ob einer davon der Angeklagte ist, sollen jetzt vom Gericht nachträglich nominierte Zeuginnen bekunden. Der Prozess wird am 6. Dezember fortgesetzt.