In der Grünanlage, wo Umut K. starb, erinnern Fotos und Kerzen an ihn. Foto: Keck

Wegen 5000 Euro ausstehenden Drogengeldes musste der 22-Jährige Umut K. in Hechingen sterben. Jetzt stehen die mutmaßlichen Täter wegen versuchten Mordes und fahrlässiger Tötung vor Gericht.

Hechingen - Die Stimme des Vaters versagt immer wieder. „Ich hatte nie ein Problem mit ihm, er wurde von allen gemocht“, sagt der 52-Jährige und macht im großen Saal des Landgerichts von Hechingen (Zollernalbkreis) lange Pausen, ihm kommen Tränen. In der linken Hand hält er ein Taschentuch, auf sein T-Shirt ließ er sich ein Foto seines Sohnes drucken. Ein hübscher Kerl, so strahlend wie aus der Werbung. 22 Jahre alt ist Umut K. geworden, ein erfolgreicher Schüler, einer, der Jura in Konstanz studieren wollte.

Aus einem roten Fiat heraus wurde Umut K. am Abend des 1. Dezember 2016 in einer Grünanlage mitten in Hechingen mit einer halbautomatischen Waffe erschossen. Eine einzige Kugel auf offener Straße reichte, um ihn tödlich zu verletzen. Es sei der Falsche getroffen worden, sagen seine kurdischen Verwandten und Freunde bis heute, der Vorwurf, er sei in Drogengeschäfte verwickelt gewesen stimme nicht. Auch die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der 22-Jährige zwar durchaus schon Kontakt mit illegalen Betäubungsmitteln hatte, aber an jenem Abend wohl der neben ihm stehende Freund, Giovanni M., hätte getroffen werden sollen. Die zwei angeklagten jungen Männer im Alter von 20 und 22 Jahren wollten laut Staatsanwaltschaft Giovanni M. aus Habgier töten, um ausstehendes Drogengeld einzutreiben. Sie werden des Drogenhandels beschuldigt sowie des versuchten Mordes in Tateinheit mit fahrlässiger Tötung. Möglich ist auch ein Schuldspruch wegen Mordes, falls sich im Laufe des Verfahrens herausstellen sollte, dass sie es billigend in Kauf genommen haben, Umut K. tödlich zu treffen. Dann wäre die Höchststrafe nicht 15 Jahre, sondern lebenslange Haft.

Das Marihuana sollte in Hechingen in kleinen Mengen weiterverkauft werden

Auf Kommissionsbasis hatten die Angeklagten, die sich aus ihrer Jugendzeit in Italien kannten und dort schon gemeinsam Fußball gespielt hatten, laut Staatsanwaltschaft Giovanni M. und einem weiteren Geschäftspartner Marihuana im Wert von 5000 Euro verkauft, Geld, das sie aber nie erhalten hatten. Das Marihuana sollte in Hechingen und den Nachbargemeinden in kleinen Mengen weiterverdealt werden.

Ursprünglich gekauft hatten die beiden Angeklagten die illegalen Drogen von einem 36-jährigen Italiener, der als Kraftfahrer seit ein paar Jahren in Deutschland arbeitet und in Hechingen mit seiner Familie lebte. Die Staatsanwaltschaft beschuldigt ihn des Drogenhandels in drei Fällen.

Per SMS hatte Giovanni M. angeblich seinen Freund Umut in eine Spielothek in der Nähe der Grünanlage gebeten, er solle ihm zu Hilfe kommen, es hatte zuvor Streit gegeben mit den beiden Drogenlieferanten, die ausbezahlt werden wollten. Dass Umut K. der Bitte folgte, wurde ihm zum Verhängnis, wenig später, um 18.05 Uhr traf ihn die tödliche Kugel.

Unter einem hohem Sicherheitsaufgebot startete am Donnerstag der Prozess, für den insgesamt 13 Tage angesetzt und 67 Zeugen geladen wurden. Und gleich zu Beginn wurden zwei Freunde des Getöteten des Saales verwiesen, weil sie wegen Beleidigungen aufgefallen waren. Der Vorsitzende Richter Hannes Breucker appellierte an die Anwesenden, sich ruhig zu verhalten, er werde keine Straftaten im Gerichtssaal dulden. Eine Aufforderung, die er ins Italienische und Türkische übersetzen ließ. „Ich hoffe, es passiert auch in den nächsten Wochen nichts“, kommentierte eine Bekannte der Beschuldigten, die mahnenden Worte. „Bisher blieb es ruhig.“