Eine mutmaßliche Diebesbande nebst Hehler muss sich derzeit in Stuttgart vor Gericht verantworten. Am Rande des Prozesses menschelt es kräftig.
Stuttgart - Eine flüchtige Berührung für den Ehemann, ein Küsschen unter Tränen fürs kleine Töchterchen: Rührend muten die Szenen an, die sich am Donnerstag rund um einen Prozess am Landgericht abspielen. Vom Tatvorwurf können jedoch auch sie nicht ablenken. Fünf Männer im Alter von 37 bis 64 müssen sich wegen des schweren Bandendiebstahls von Autoteilen beziehungsweise deren Ankauf verantworten. Der Wert des Diebesguts summiert sich auf über 220 000 Euro.
Die Angeklagten sollen laut Staatsanwalt Hand in Hand gearbeitet haben. Zusammengeschlossen hätten sich die Männer aus Stuttgart und dem Großraum Kassel bereits im Jahr 2015, so Staatsanwalt Johannes Kienle. Der Hauptangeklagte, ein Mitfünfziger, soll bei allen 14 Fällen von Januar bis März 2016 die Hände im Spiel gehabt haben. Als Mitarbeiter einer Lagerfirma in Schwieberdingen (Kreis Ludwigsburg) habe er nach lukrativen Autoteilen Ausschau gehalten und dafür gesorgt, dass sie – ganz nach Plan – in die Lastwagen seiner Komplizen geladen wurden.
Pumpen sollten an Autofirmen geliefert werden
Bestimmt waren die Einspitzpumpen, Radialkolbenpumpen, Düsen, Injektoren und anderen Artikel von Bosch eigentlich für Kunden wie Audi, BMW, Opel und VW, doch erreichten sie ihre Ziele laut Anklage nicht. Vielmehr ließ die mutmaßliche Bande sie entweder noch auf dem Gelände der Lagerfirma oder während des Transportes an den Bestimmungsort verschwinden. Mal waren es 500 Injektoren, mal 200 Pumpendüseneinheiten, die auf diese Weise „vom Laster fielen“.
In mindestens fünf der 14 Fälle sollen sie gleich zum Schnäppchenpreis an einen Kasselaner Händler weiterverkauft worden sein, der jetzt wegen des Verdachts der Bandenhehlerei zusammen mit den anderen vor Gericht Rede und Antwort stehen muss. 6720 Euro habe er laut Staatsanwalt in einem Fall für 96 Pumpen gezahlt, die eigentlich einen Wert von rund 10 400 Euro hatten. 1600 Euro seien bei dem Deal an den Hauptangeklagten geflossen.
Ermittler hatten die mutmaßlichen Täter schon im Visier
Das böse Erwachen kam dann sehr plötzlich. Denn was die Männer nicht wussten: Die Polizei hatte sie inzwischen längst im Visier und sammelte munter Beweise aus Video-, GPS-, Telefon- und Handyüberwachung. Zwei der vier Angeklagten wurden im März 2016 an einer Ratsstätte nahe Fulda festgenommen, die anderen kurz danach im Großraum Kassel und in Stuttgart. Während vier Angeklagte noch in Untersuchungshaft sitzen, ist der mutmaßliche Hehler nach gut drei Monaten wieder aus der U-Haft entlassen worden
Vier der fünf Männer äußerten sich am Donnerstag zu ihrer Person, die meisten haben osteuropäische Wurzeln. Zu den Tatvorwürfen schwiegen sich dagegen alle Angeklagten zunächst aus. Für den kommenden Verhandlungstag am 14. Oktober sind jedoch Gespräche zwischen ihren Verteidigern, dem Staatsanwalt und dem Gericht geplant, um abzuklopfen, ob ein Deal möglich ist.
Viel Unterstützung erhielten die Angeklagten von ihren Familien, und freuten sich sichtlich darüber. Wenn es jedoch zu nah und herzlich wurde, ging sofort ein Justizwachtmeister dazwischen. Geduldig erklärte er Mann und Frau, Vater und Tochter, dass Berührungen und intensive Gespräche im Verfahren aus Sicherheitsgründen nicht zulässig sind – selbst wenn sich die Augen mit Tränen füllen.