Auch der zweite Prozesstag hat nicht viel neues zum Motiv der Gewalttat gebracht. Foto: dpa

Ein 80-Jähriger sagt im Prozess gegen seinen Sohn aus. Dieser hat dem Rentner vor der Garage aufgelauert und mit der Verlängerung eines Wagenhebers mehrmals auf den Kopf geschlagen. Das Motiv ist nach wie vor nicht klar.

Auenwald - Seine 80 Lebensjahre sieht man dem Rentner nicht an. Er wirkt um einiges jünger, als er am Montagmorgen in den Zeugenstand vor der Ersten Strafkammer des Stuttgarter Landgerichts tritt. Sein 51-jähriger Sohn sitzt auf der Anklagebank. Versuchter Mord wird ihm vorgeworfen. Er hat zugegeben, am Abend des 12. Februar mit der Verlängerung eines Wagenhebers auf seinen Vater eingeschlagen zu haben, als dieser in der Garage aus dem Auto stieg. Warum oder ob er den 80-Jährigen tatsächlich umbringen wollte, ist bisher nicht klar geworden. „Ich bin noch nie auf jemanden losgegangen und jetzt ausgerechnet auf meinen Vater“, hat der Angeklagte am ersten Verhandlungstag gesagt.

Der Angeklagte ist das Bild eines schwäbischen Schaffers

Der 80-Jährige tritt in dem Prozess nicht nur als Zeuge, sondern auch als Nebenkläger auf. Rund 40 Jahre lebten beide im selben Haus in Auenwald, der Sohn mit Familie im Erdgeschoss, der Vater mit seiner mittlerweile gestorbenen Frau im Obergeschoss. 2012 übertrugen die Eltern das Haus auf ihre Kinder. Der 51-Jährige erhielt seine Wohnung, die 45 Prozent des Gebäudes ausmacht, die Wohnung im Obergeschoss mit 55 Prozent wurde seiner Schwester überschrieben. Die Eltern haben dort ein Wohnrecht auf Lebenszeit.

Der Sohn, ein gelernter Automechaniker, der mittlerweile bei einer Maschinenbaufirma als Technischer Redakteur arbeitet, ist das Bild eines typischen schwäbischen Schaffers: fleißig, ruhig, höflich. Sein Arbeitgeber steht zu ihm, will dass er weiter für ihn tätig ist. Aus der Haft führt der 51-Jährige Telefonate mit Kollegen, die in Sachfragen Rat suchen. Er macht überhaupt nicht den Eindruck eines Wüterichs.

„Ich hätte nie im Leben mit so etwas gerechnet“, sagt sein Vater aus. Er habe an jenem Abend seine Freundin nach Stuttgart gefahren. Gegen 22.35 Uhr sei er zurückgekommen und habe das elektrisch betriebene Garagentor geöffnet. „Als ich aus dem Auto gestiegen bin, hat es einen Schlag getan“, sagt er.

Dieser erste Hieb traf den Rentner in noch gebeugter Haltung auf dem Kopf. Die Brille sei ihm dadurch heruntergefallen, seinen Sohn habe er dennoch erkannt. „Spinnsch du? Bub, i’ hab dir doch nix do!“, habe er gerufen, während der Sohn weiter auf ihn eingeschlagen habe. „Er hat kein Wort gesagt, nur zugeschlagen“, berichtet der 80-Jährige in ruhigem Tonfall. Es sei ihm gelungen, seinen Sohn zur Garage hinauszuschieben. „Ich dachte, der bringt mich um. Wenn der Nachbar nicht dazwischen gegangen wäre, dann wäre ich wahrscheinlich tot“, mutmaßt der Senior.

Im Zorn dem Sohn mit der Enterbung gedroht

Der Sohn behauptet, er habe selbst innegehalten, als seine Frau zur Garage gelaufen kam. Davon ist in der Aussage des Vaters allerdings nicht die Rede. Dieser hat sechs Platzwunden am Kopf und eine leichte Gehirnerschütterung davongetragen. An beiden Händen zeugten gebrochene Finger von der Abwehr der Schläge mit der rund 600 Gramm schweren Stange aus Metall.

Ein Streit wenige Tage zuvor sei der Auslöser für die Tat gewesen, behauptet der Sohn. Dabei sei es um Renovierungskosten gegangen. Der Sohn habe seinen Anteil am Betrag nicht mehr voll zahlen wollen, ein Wort habe das andere gegeben, so der Vater. Auf die Bemerkung des Sohnes „du und deine Weiberei“, sei er laut geworden. Im Zorn habe er gesagt, den Erbvertrag könne man rückgängig machen. „Das war nicht ernst gemeint.“ Ob der Streit tatsächlich der einzige Grund war, ist fraglich.