Das Landgericht Heilbronn hat einen Mann aus Vaihingen an der Enz, der seine beiden Kinder getötet hat, zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Foto: dpa

Ein 40-Jähriger, der seine beiden kleinen Söhne erschlagen hat, muss in die Psychiatrie. Das Landgericht Heilbronn hat ihn zu einer Freiheitsstrafe von zwölfeinhalb Jahren verurteilt. Die Tat mache fassungslos, sagte der Vorsitzende Richter.

Vaihingen/Enz - Es ist ein wolkenverhangener Februarsamstag, als das Unfassbare passiert. In der Sporthalle feiert der TSV Aurich gerade seine Faschingsparty, da hebt in einem Häuschen am Ortsrand, wenige Meter neben der Johanneskirche, ein Mann seinen Arm und holt mit einem zweieinhalb Kilo schweren Betonstein aus. Dreimal schlägt er seinem Sohn, der vor ihm auf dem Boden liegt, auf den Kopf, bis das Kind tot ist. Als der Bruder des Jungen fliehen will, holt der Vater ihn ein und schlägt auch ihm den Schädel ein.

Zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren und sechs Monaten hat das Landgericht Heilbronn deshalb am Dienstag den 40 Jahre alten Angeklagten aus dem kleinen Vaihinger Stadtteil verurteilt. Statt in einem Gefängnis soll der Mann seine Strafe in der Psychiatrie verbüßen. Sollte die Therapie vor Ablauf der zwölfeinhalb Jahre beendet sein, muss er in Haft. Es ist aber auch möglich, dass die Behandlung länger andauert als die ausgesprochene Strafe – womöglich ein Leben lang.

Nach einer erfolgreichen Therapie muss der Mann eventuell in Haft

Der Vorsitzende Richter Roland Kleinschroth nannte in seiner Urteilsbegründung die Tat „absolut verabscheuungswürdig“ und „unglaublich brutal“. Der Fall lasse auch seine Schwurgerichtskammer „fassungslos zurück“. Eine gerechte Strafe dafür könne es nicht geben. Wegen seiner schweren psychischen Erkrankung, einer Depression mit wahnhaften Zügen, müsse der Angeklagte unbedingt psychiatrisch behandelt werden, sonst sei er eine Gefahr für sich – und für die Allgemeinheit.

Die Richter sahen es als erwiesen an, dass der 40-Jährige im Februar seine beiden vier und fünf Jahre alten Söhne auf brutale Weise umgebracht hat. Als die Kinder das Wochenende bei ihrem Vater verbrachten, der sich Monate zuvor von der Mutter getrennt hatte, erschlug der Krankenpfleger die Buben. Um ganz sicher zu gehen, dass die Kinder den Tag nicht überleben, stach der Mann ihnen zudem mit einem 20 Zentimeter langen Messer in die Brust. Als die Mutter am Abend in das Haus kam, fand sie die Leichen und alarmierte die Nachbarn. Kurz darauf nahm die Polizei den Angeklagten fest. Er hatte an jenem Samstagabend zudem versucht, sich selbst das Leben zu nehmen.

Mehr als eine Stunde lang gab der Vorsitzende Richter Kleinschroth in seinem Urteil am Dienstag einen Einblick in das Ausmaß der Erkrankung des 40-Jährigen. Der litt nach Ansicht des Gerichts kurz vor der Tat derart unter Angst- und Wahnvorstellungen, dass er kaum noch das Haus verlassen konnte. So befürchtete er, von seiner Ex-Partnerin und Mutter der Kinder vergiftet zu werden und aß deshalb kaum noch. Auch lebte er in ständiger Sorge, seine ehemalige Lebensgefährtin und deren neuer Mann würden zur russischen Mafia gehören und die Kinder entführen. Klar ist für die Richter aber: keine dieser Ängste war begründet, der Angeklagte lebte fernab der Realität. „Irgendwann haben Sie beschlossen, dass Ihr Tod und der der Kinder die beste Lösung ist“, sagte Kleinschroth. In einem „Aggressionsausbruch“ sei die Tat geschehen.

Angeklagter weigerte sich, zum Psychiater zu gehen

Aufgrund der Krankheit gehen die Richter davon aus, dass der 40-Jährige nicht voll schuldfähig ist und verfügten die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus. Auch eine Verurteilung wegen Mordes kam aufgrund der Depressionen für die Kammer nicht infrage. Stattdessen sprach sie den Mann wegen zweifachen Totschlags schuldig.

Warum das Leben des Angeklagten in den vergangenen Jahren immer mehr aus den Fugen geraten ist, liegt nach Angaben des Gerichts ebenfalls in den zunehmenden depressiven und wahnhaften Gedanken des 40-Jährigen. Deswegen sei er mit der Erziehung der Kindern überfordert gewesen, was wiederum zu vielen Streiterein mit der Ex-Partnerin geführt habe. Auch sei es ihm nicht mehr möglich gewesen, seinen Beruf auszuüben. Nach der Trennung im Sommer 2016 habe er sich immer mehr aus der Realität zurückgezogen. Diagnostiziert wurde die Erkrankung gleichwohl erst nach der Tat. Den Ratschlag von Bekannten, er solle zu einem Psychiater gehen, hatte der Angeklagte nicht befolgt. „Wenn Sie sich Hilfe geholt hätten, würde heute vieles anders aussehen“, bedauerte der Vorsitzende.