Kokain im Wert von 5000 Euro hatte der Kunde geschnorrt, ohne dafür zu bezahlen. Foto: dpa

Ein Drogendealer und eine Komplizin aus dem Remstal werden von Fahndern abgehört. Dabei hören die Polizisten, wie die beiden davon sprechen, einen säumigen „Kunden“ mittels eines Medikamenten-Cocktails zu vergiften. Alles nur Unfug, beteuern die beiden nun vor Gericht.

Schorndorf - Die Anklage klingt wie eine Krimi-Groteske: Ein Dealer und eine Komplizin, die von der Drogenfahndung abgehört werden, verabreden am Telefon, einen säumigen Kunden zu vergiften. Deshalb sind sie nun wegen eines vermeintlichen Mordkomplotts vor der Ersten Schwurgerichtskammer des Stuttgarter Landgerichts gelandet. „Wegen der Drogensachen allein wären sie auf keinen Fall hierher geraten“, eröffnet ihnen die Vorsitzende Richterin Ute Baisch, die in diesem Fall ausdrücklich „mit offenem Visier“ spricht: Sie gehe deshalb von Geständnissen zu den Drogengeschäften aus. Diese erhält sie denn auch prompt.

Fahnder hören am Telefon mit

Mit der versuchten Anstiftung zum Mord sieht es jedoch anders aus. „Das war doch nicht ernst gemeint. Wir sind seit langem befreundet und haben beide den selben schwarzen Humor“, beteuert der 41-jährige Familienvater, der laut der Staatsanwaltschaft zusammen mit der 35-jährigen Mitangeklagten im Raum Schorndorf einen „schwunghaften Handel“ mit Kokain und Marihuana aufgezogen hatte. Von 2017 bis in das Frühjahr 2018 ist das Treiben von den Fahndern akribisch aufgezeichnet worden. Diese zapften die Telefone der Angeklagten an und hörten mit.

So erfuhren sie, dass ein Kunde dem Dealer immer mehr Geld schuldete, zuletzt 5000 Euro, diesem aber immer wieder Kokain abschwatzen konnte. Am ersten Verhandlungstag wurden die Tonbänder angehört. „So geht’s nicht weiter. Von mir kriegt er nichts mehr“, hörte man so die 35-Jährige energisch an ihren Geschäftspartner appellieren. Dieser schien ebenfalls ziemlich genervt vom Verhalten des Kunden zu sein. „Er hat geheult wie ein Mädchen.“ Außerdem drohte der junge Mann, der mit dem Angeklagten gut bekannt ist, ständig mit Selbstmord. „Der Typ ist völlig kaputt“, resümierte der 41-Jährige am Telefon.

Die ungezwungen geführten Telefonate führten immer wieder zu Heiterkeit im Gerichtssaal. Denn neben dem Ärger mit dem Kunden wurden von den beiden Gesprächspartnern alle möglichen Themen durchgekaut. „Gestern wurde es spät“, sagte der Angeklagte einmal, nachdem er deutlich vernehmbar gegähnt hatte. „Ich konnte nicht aufhören, diese Serie anzuschauen. Wie heißt sie gleich? Ach ja: Breaking Bad.“

Einen skrupellosen Eindruck wie Walter White, der in diesem preisgekrönten TV-Krimi vom Berufschullehrer zum über Leichen gehenden Drogenkönig von New Mexico mutiert, macht der 41-Jährige allerdings gar nicht. So waren er und seine Gesprächspartnerin, die oft zu nachtschlafender Zeit lange Gespräche führten, offensichtlich geschockt, weil zwei Bekannte von der Polizei verhaftet wurden. „Was war los?“, wollte er wissen. Sie: „Die Polizei hat ein Labor in ihrer Garage gefunden.“ Worauf sie sich fragte, wie die Fahnder den beiden wohl auf die Spur gekommen waren. „Ha, die haben die halt observiert“, hörte man ihn sagen – was selbst die Angeklagten schmunzeln ließ.

Tödlicher Cocktail statt Kokain

Ende Mai 2018 räsonierten der Angeklagte und die 35-Jährige während eines solchen Telefonats, dem säumigen Schnorrer Gift zu geben. Dieser hatte seine ständige Drohung wahr gemacht und versucht, sich das Leben zu nehmen. Die Frau sollte ihn in der Psychiatrie besuchen und ein Geschenk mitnehmen. Statt Kokain, so der „Plan“ am Telefon, sollte er sich jedoch einen Medikamentencocktail in die Nase ziehen, der zu einem Herzinfarkt führen sollte. „Aber dann hätte ich von meinem Geld ja erst recht nichts mehr gesehen“, argumentierte der Angeklagte, der sich von dem Kunden immer wieder hatte hinhalten lassen.