Sergej W. soll Foto: Getty Images Europe

Mit drei Bomben soll Sergej W. versucht haben, Spieler von Borussia Dortmund zu töten - um sich über eine Wette am Kapitalmarkt zu bereichern. Beim Prozessauftakt schweigt der Angeklagte. Sein Verteidiger sagt, von einem gezielten Attentat könne keine Rede sein.

Dortmund - Gut acht Monate nach dem Splitterbomben-Anschlag auf die Mannschaft von Borussia Dortmund hat am Donnerstag der Prozess gegen den mutmaßlichen Attentäter begonnen. Der 28-jährige Sergej W. soll am 11. April 2017 drei Sprengsätze gezündet haben, als der mit 27 Personen besetzte Mannschaftsbus gerade am Dortmunder Teamhotel abgefahren war. Bei der Explosion waren Metallsplitter in den Bus eingedrungen.

BVB-Abwehrspieler Marc Bartra erlitt einen Bruch des Unterarms, ein Polizist ein Knalltrauma. Die Anklage lautet auf 28-fachen Mordversuch. Bartras Anwalt Alfons Becker stellte am ersten Verhandlungstag vor dem Dortmunder Landgericht bereits einen Schmerzensgeldantrag über mindestens 15 000 Euro.

Angeklagter lebt in Rottenburg am Neckar

Der Angeklagte selbst, der zuletzt in Rottenburg am Neckar lebte, äußerte sich noch nicht zu den Vorwürfen. Sein Verteidiger Carl W. Heydenreich erklärte im Anschluss an den ersten Verhandlungstag nur, dass seiner Ansicht nach von einem gezielten Attentat keine Rede sein könne. „Es liegt doch nahe, dass der Bus gar nicht getroffen werden sollte“, sagte er. Schließlich seien nur zwei von Hunderten Metallstiften in das Fahrzeug eingedrungen. „Und der Bus ist ja kein Kleinwagen.“ Damit wollte der Verteidiger aber ausdrücklich nicht zum Ausdruck bringen, dass sein Mandant die Bomben gezündet habe.

Zuvor hatte Heydenreich in der Verhandlung angeregt, Oberstaatsanwalt Carsten Dombert wegen Befangenheit von der Sitzung abzuziehen. Dieser sei voreingenommen und habe eine „beispiellose Verleumdungskampagne“ gegen den Angeklagten geführt, indem er einseitig ermittelt und offensichtlich Akteninhalte an Medienvertreter gegeben habe. Dombert reagierte auf die Vorwürfe so: „Ich fühle mich nicht befangen.“

Zum Prozessauftakt waren nur ganz wenige Zuschauer und Fans von Borussia Dortmund ins Landgericht gekommen. Einer von ihnen, Murat Cam (44) aus Dortmund, nannte den Anschlag einen „schwarzen Tag für den Fußball“.

Wette auf fallenden Kurs der BVB-Aktie

Hintergrund des Bombenattentats ist laut Staatsanwaltschaft Habgier. „Der Angeklagte handelte, um sich zu bereichern“, heißt es in der Anklage. Sergej W. soll in der Woche vor dem Bombenanschlag für über 26 000 Euro Optionsscheine und Kontrakte gekauft haben, mit denen er an der Börse auf einen fallenden Kurs der BVB-Aktie spekulierte.

Bei einem erfolgreichen Anschlag wäre das laut Staatsanwaltschaft wohl auch passiert. „Wären mehrere oder sogar alle Spieler des BVB schwer verletzt oder gar getötet worden, und wäre der Verein deshalb auf nicht absehbare Zeit nicht mehr in nationalen und internationalen Spielrunden vertreten gewesen, hätte dies die Bewertung des BVB auf dem Aktienmarkt erheblich negativ beeinflusst“, heißt es in der Anklage.

Bei einem Kursverfall der BVB-Aktie auf einen Euro hätte der Gewinn laut Anklage rund eine halbe Million Euro betragen. Tatsächlich soll der 28-Jährige an der Börse ein Plus von knapp 6000 Euro erzielt haben.

„Urlaub“ in Dortmund

Zehn Tage nach dem Attentat wurde Sergej W. in Baden-Württemberg festgenommen. Der Deutschrusse hat nach früheren Angaben der Behörden angegeben, in Dortmund lediglich Urlaub gemacht zu haben.

Die Mannschaft von Borussia Dortmund war am Tattag gerade in den Bus gestiegen, um von ihrem Dortmunder Mannschaftshotel „L’Arrivée“ zum Champions-League-Spiel gegen den AS Monaco in den Signal-Iduna-Park - das Dortmunder Fußballstadion - zu fahren. Das Spiel wurde abgesagt und am folgenden Abend nachgeholt. Der BVB verlor die Partie mit 2:3 (0:2).

Das Dortmunder Landgericht hat für den Prozess zunächst noch 18 Verhandlungstage bis zum 28. März vorgesehen. Spieler und Verantwortliche von Borussia Dortmund werden frühestens zu ihrer möglichen Zeugenvernehmung im Gericht erwartet. Termine dafür gibt es noch nicht.