Totalschaden: 54 Autos sind damals in der Tiefgarage zum Teil komplett zerstört worden. 20 Personen wurden verletzt. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Drei junge Männer stehen in Stuttgart vor dem Landgericht, weil sie mit einer Silvesterrakete einen Großbrand in einer Tiefgarage in Neugereut verursacht haben sollen. Es ist bereits der zweite Prozess.

Stuttgart - Helle Aufregung herrschte in der Silvesternacht auf den 1. Januar 2015 rund um den Wildgansweg in Neugereut. Die dortige Tiefgarage stand in Flammen. Um 1.56 Uhr bemerkten Anwohner das Feuer und alarmierten die Rettungskräfte. Rund Bewohner mussten die Wohnanlage verlassen. 20 Personen erlitten bei dem Feuer Rauchgasvergiftungen.

Am Ende der Löscharbeiten bot sich ein trostloses Bild. 54 Autos waren beschädigt, zwölf davon komplett ausgebrannt. Zwei Motorräder waren nur noch Schrott, die Garage selbst wurde als einsturzgefährdet eingestuft. Der Schaden: rund 1,5 Millionen Euro. Böller oder eine Silvesterrakete sollen das Feuer entzündet haben.

Soko Wildgans leistet ganze Arbeit

Am nächsten Tag sollen sich mehrere junge Männer mit dem Vater einer der Burschen heimlich getroffen haben. Man kam überein, den Mantel des Schweigens über den schlimmen Vorfall zu legen. Doch die polizeiliche Ermittlungsgruppe Wildgans leistete ganze Arbeit und filterte vier Jungen im Alter von damals 14 bis 18 Jahren heraus, die die Silvesterrakete in die Tiefgarage geschossen haben sollen. Alle vier fanden sich im März 2016 wegen schwerer Brandstiftung und wegen Körperverletzung vor dem Amtsgericht Bad Cannstatt wieder.

Unter Ausschluss der Öffentlichkeit, weil einer der Angeklagten gerade einmal 14 Jahre alt war, gaben die Jungen zu, die Rakete gezündet zu haben. Wer genau die Lunte angezündet hatte, blieb allerdings unklar. Am Ende verurteilte das Schöffengericht drei der vier Angeklagten zu bis zu 120 Arbeitsstunden – allerdings nicht wegen vorsätzlicher, sondern wegen fahrlässiger Brandstiftung und Körperverletzung. Der 14-Jährige wurde freigesprochen.

Das war der Staatsanwaltschaft zu wenig. Sie ging in Berufung. Auch die Verteidiger legten Rechtsmittel ein. Deshalb sitzen die heute 17, 18 und 21 Jahre alten Schüler vor einer Berufungskammer des Landgerichts.

War eine andere Gruppe mit Böllern unterwegs?

Die Verteidiger Achim Wizemann, Michael Erath und Bülent Secgin wollen – wie schon vor dem Amtsgericht – Freisprüche für ihre Mandanten erreichen. Es sei nicht festgestellt worden, dass die Rakete den Brand verursacht habe. „Damals waren dort auch andere Leute mit Böllern unterwegs“, sagt Anwalt Wizemann. In der Tiefgarage seien zudem Reste von Böllern gefunden worden. Man könne nicht ausschließen, dass diese brandursächlich gewesen seien.

Der Vorsitzende Richter Hans-Jürgen Wenzler versteht trotzdem nicht, warum die Angeklagten gegen das Amtsgerichtsurteil vom März 2016 vorgehen. Das Abschießen der Rakete sei mindestens fahrlässig gewesen. Das hätten die Angeklagten schließlich eingeräumt. Und eine andere Gruppe mit Böllern? „Das ist neu. Das hat im Ermittlungsverfahren noch keine Rolle gespielt.“

Die Verteidigung hat anstehende Schadenersatzforderungen im Blick. Zwei der drei Angeklagten haben keine Haftpflichtversicherung. Zwar muss sich ein Zivilgericht nicht nach Strafurteilen richten. Aber ein Freispruch hätte wohl durchaus seine Wirkung. Der Prozess wird fortgesetzt.