Im Prozess um den Anschlag auf die Mannschaft von Borussia Dortmund hat das Landgericht den BVB-Spieler Roman Bürki und einige seiner Kollegen als Zeugen geladen. Foto: dpa

Schmerzhafte Erinnerungen im Dortmunder BVB-Prozess: Acht Spieler, die den Bombenanschlag im vergangenen Jahr miterlebt haben, sagen aus. Einer muss dabei weinen.

Dortmund - Vor gut einem Jahr detonierten drei Bomben direkt neben dem voll besetzten Mannschaftsbus von Borussia Dortmund. Fans und Verein waren erschüttert, auch für die Spieler änderte sich von einem Moment auf den anderen alles. Am Mittwoch mussten sich im Dortmunder Prozess um den Anschlag weitere acht Fußballprofis des BVB als Zeugen an die Augenblicke des 11. April 2017 erinnern. Raphael Guerreiro hatte dabei Tränen in den Augen.

Der portugiesische Nationalspieler absolvierte unter dem damaligen Trainer Thomas Tuchel eine hervorragende Saison 2016/17. An jenem Abend freute er sich wie alle seine Mannschaftskameraden auf das Heimspiel im Viertelfinale der Champions League gegen AS Monaco. Das Dortmunder Stadion war wie immer bis auf den letzten Platz gefüllt. Als die Mannschaft gegen 19.15 Uhr am Teamhotel in den Bus stieg, ahnte niemand, was Sekunden später passieren würde.

BVB-Spieler Guerreiro: „Es fällt mir schwer, darüber zu sprechen“

„Es gab einen lauten Knall“, erinnert sich Guerreiro am Mittwoch vor Gericht. „Wir hatten alle Angst und haben uns geduckt.“ Keiner habe begreifen können, was draußen am Bus vorgefallen sei. Er habe eine Druckwelle gespürt, die Schmerzensschreie von Verteidiger Marc Bartra gehört und schließlich den Bus verlassen.

Eigentlich, sagt Guerreiro, habe er geglaubt, mit den Gedanken an das Attentat abgeschlossen zu haben. Doch jetzt, im Moment der Zeugenaussage, komme alles wieder hoch. „Es fällt mir schwer, darüber zu sprechen“, sagt der Portugiese. Dann wischt er sich mit der rechten Hand über die tränenfeuchten Augen.

Auch Sokratis Papstathopoulos stand unmittelbar nach dem Anschlag wie unter Schock. „Ich hatte Angst, ich dachte, jemand schießt auf uns“, sagt der griechische Abwehrspieler den Richtern. Es habe zwar eine Zeit gedauert, heute glaube er jedoch, dass er die schlimmen Erinnerungen verarbeitet habe. „Ich habe für mich beschlossen, dass das Leben weitergeht“, sagt Papastathopoulos. Er räumt aber ein: „Das ist etwas, was ich mit Sicherheit nie vergessen werde.“

Mit einem schnellen Urteil für den Angeklagten ist nicht zu rechnen

Ganz ähnlich äußern sich auch Torwart Roman Bürki, Julian Weigl, Nuri Sahin, Christian Pulisic, Lukasz Piszczek und Shinji Kagawa. Der Japaner ist fast nicht zu verstehen, so leise spricht er mit den Richtern. Vor allem in den ersten zwei Wochen nach dem Anschlag sei das Leben für ihn sehr schwer gewesen, sagt der 29-Jährige. Egal, ob er zu Hause in seiner Wohnung gesessen habe oder mit dem Auto umher gefahren sei, überall habe er Angst gehabt. „Heute belastet mich das Geschehen aber nicht mehr“, sagt er am Schluss.

Mit den acht Fußballprofis hat das Dortmunder Schwurgericht die Vernehmung der Insassen des BVB-Mannschaftsbusses abgeschlossen. Weitere Profis müssen nicht mehr kommen. Das gilt auch für den im Januar zu Arsenal London gewechselten exzentrischen Stürmer Pierre-Emerick Aubameyang.

Mit einem schnellen Urteil für den Angeklagten Sergej W. ist aber dennoch nicht zu rechnen. Der 29-jährige im russischen Tscheljabinsk geborene Deutsche beharrt weiterhin darauf, die Bomben absichtlich so konzipiert zu haben, dass niemand getötet oder verletzt werden konnte.

Am Mittwoch hat Sergej W. den Verhandlungstag still und ohne äußere Regung verfolgt. Bei den Zeugen hat er sich nicht entschuldigt.