Amtsgericht Waiblingen verurteilt einen 20-Jährigen zu sechseinhalb Monaten auf Bewährung Foto: dpa

Das Amtsgericht Waiblingen hat einen 20-Jährigen zu sechseinhalb Monaten auf Bewährung und 60 Arbeitsstunden verurteilt, weil er einen S-Bahnfahrgast mit einer Pistole bedroht hatte.

Waiblingen - Der Besitz einer Waffe verleiht Macht. Auch der 23-jährige Karim W. (alle Namen geändert) erlag wohl diesem Glauben und besorgte sich in Stuttgart eine CO2-Pistole. Für das Führen der Waffe, die er an einem Tag im September vergangenen Jahres bei sich hatte, besaß er keine Erlaubnis. Zu seinem Opfer wurde völlig zufällig Peter M., der an jenem Tag gegen 22.30 Uhr mit seiner Lebensgefährtin aus Stuttgart kam und in Kernen-Rommelshausen aus der S-Bahn steigen wollte. Zum selben Zeitpunkt, als Karim W. und seine vier Freunde in die Bahn drängten, ohne die Aussteigenden herauszulassen.

Dabei berührten sich wohl die Schultern von Peter M. und eines der angeheiterten jungen Männer. Peter M. sagte ganz harmlos: „Könnt ihr nicht warten, bis wir draußen sind?“ Da zog Karim W. seine im Gürtelbund steckende Pistole und hielt sie in etwa 30 Zentimeter Entfernung vor das Gesicht von Peter M. Karim W. steckte zwar die Waffe wieder ein, die S-Bahn fuhr ab, aber im Leben von Peter M. war nichts mehr wie zuvor.

„Meine Freundin und ich setzten uns im Schock erst mal auf den Bahnsteig und versuchten, die Polizei anzurufen – wir konnten beide kaum wählen“, sagt er in der Verhandlung vor dem Amtsgericht Waiblingen.

In den folgenden Tagen sei er nicht in der Lage gewesen, arbeiten zu gehen, litt monatelang unter Konzentrationsstörungen und Schlaflosigkeit. Noch heute belasten ihn Gewaltszenen im Fernsehen, und er fährt abends nicht mehr mit der Bahn. „Ich habe gedacht, jetzt ist es aus“, sagt der 49-Jährige vor Gericht. Dass die Waffe nicht geladen war, konnte er nicht erkennen.

"Ihnen fehlt jegliche Erziehung"

Karim W. wurde aufgrund von Video-Aufnahmen in der S-Bahn ermittelt. Er und einer seiner Kumpels, der als Zeuge aussagt, versuchen die Situation herunterzuspielen. Karim W. habe die Waffe in Höhe der Beine des Opfers gehalten, keinesfalls auf den Kopf gezielt. Im Lauf der Verhandlung entschuldigt sich der Angeklagte halbherzig bei seinem Opfer, duzt es aber dabei.

„Ich glaube, Ihnen fehlt jegliche Erziehung“, sagt die Amtsrichterin Christel Dotzauer. Eine Erklärung des Angeklagten über Ehre lässt sie nicht gelten. „Wir sprechen heute lieber von sozialer Kompetenz“, sagt sie. An der und anderen Entwicklungsschritten fehlt es dem jungen Mann offensichtlich. Er besucht immer noch eine Schulungsmaßnahme des Arbeitsamtes, bezieht von dort Geld und hat keinen Ausbildungsplatz. Dafür aber einige Vorstrafen. Auch der 20-jährige Kumpel macht gerade erst die mittlere Reife. Dessen Aussagen legen nahe, dass er sich mit dem Angeklagten abgesprochen haben muss. Die Richterin ermahnt ihn am Ende, dass er knapp an einer Anklage wegen Falschaussage vorbeigeschrammt sei.

Ob Karim W. klargeworden ist, was er mit seiner Tat angerichtet hat, ist die Frage. Schließlich nimmt die Amtsrichterin den Vorwurf der vorsätzlichen Körperverletzung noch zu den bereits bestehenden Anklagepunkten unerlaubtes Führen einer Waffe und Bedrohung hinzu. Karim W. wird – wie von der Staatsanwältin gefordert – zu sechseinhalb Monaten Haft verurteilt. Die Strafe wird zur Bewährung ausgesetzt, für zwei Jahre wird ihm ein Bewährungshelfer zur Seite gestellt. Er muss 60 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten und die Kosten des Anwalts des Opfers sowie die Gerichtskosten tragen.

Beim Verlassen des Gerichts grinst Karim W. seinen Kumpel an: „Ich hab’ gedacht, es kommt schlimmer“, sagt er.