Einer der mutmaßlichen Täter von Schelklingen (rechts) vor dem Ulmer Landgericht. Foto: dpa

Sie sollen ihr Opfer durch die Hölle geschickt haben: Drei jungen Männern aus Schelklingen wird vorgeworfen, einen 33-Jährigen so lange gequält, bedroht und erniedrigt zu haben, bis dieser sich das Leben nahm. Jetzt stehen sie vor Gericht.

Sie sollen ihr Opfer durch die Hölle geschickt haben: Drei jungen Männern aus Schelklingen wird vorgeworfen, einen 33-Jährigen so lange gequält, bedroht und erniedrigt zu haben, bis dieser sich das Leben nahm. Jetzt stehen sie vor Gericht.

Ulm - Am Ende hatte Staatsanwalt Matthias Peltsarszky fast keine Stimme mehr. Knapp eine Stunde lang hatte er vor dem Ulmer Landgericht in atemberaubendem Tempo aufgezählt, wie eine Gruppe junger Männer eine regelrechte Schreckensherrschaft im kleinen Schelklingen (Alb-Donau-Kreis) aufgebaut haben soll.

Mit Drohungen, Erniedrigungen und Misshandlungen. Viele hatten Angst - einem 33-Jährigen habe letztlich sogar ein Selbstmord als einziger Ausweg geschienen. Seit Mittwoch müssen sich seine drei mutmaßlichen Peiniger vor Gericht verantworten. Sie selbst schwiegen und gaben sich von den Vorwürfen unbeeindruckt.

Familie bedroht

Der Anklage zufolge muss das Opfer wochenlang die Hölle durchgemacht haben, bevor er sich vor einen Zug warf. Vor allem an jenem Tag im September 2013. Der 33-Jährige sei damals ohnehin schon völlig verängstigt gewesen, sagte Peltsarszky. Wochenlang sei er immer wieder angegriffen worden. Mal mit Fäusten, mal mit Waffen - vor allem aber mit massiven Drohungen gegen seine Familie. Doch an diesem Tag sei alles noch schlimmer geworden.

Als die drei Männer zwischen 23 und 27 Jahren an diesem Tag wieder auftauchten und ihn in einen Keller mitnahmen, habe der 33-Jährige gar nicht gewagt, sich zu wehren. Er wurde den Ermittlungsbehörden zufolge mit Kabelbindern gefesselt. Dann begannen die stundenlangen Qualen. Der Mann sei geschlagen und mit einem Messer verletzt worden, heißt es in der Anklage. Er habe Urin und Pflanzendünger eingeflößt bekommen, schließlich habe er Zigaretten essen müssen. Zum Abschluss hätten die Täter auf ihr Opfer uriniert.

Zu Einbruch gezwungen

Um wieder in Freiheit zu kommen, habe das Opfer für seine Peiniger einen Einbruch begehen sollen. Für den Fall, dass er zur Polizei gehen sollte, hätten die Männer gedroht, seine kleinen Kindern umzubringen, heißt es in der Anklage. Dann hätten sie ihn gehen lassen, sagte der Staatsanwalt.

Der 33-Jährige sei völlig am Boden gewesen. Einigen Freunden erzählte er kurz darauf von den durchlittenen Qualen. „Er sagte, dass er nicht mehr könne - und dass er sich gezwungen sehe, sich umzubringen“, betonte Peltsarszky. Einen anderen Ausweg aus seiner Lage habe er nicht erkennen können. In der Wohnung seiner Freundin schrieb er einen Abschiedsbrief. „Meine Angst ist einfach zu groß. Ich kann nicht mehr.“ Ein Selbstmord sei für ihn der einzige Weg, „um den Druck von meiner Seele zu nehmen“. Wenig später warf sich der Familienvater vor einen Regionalzug und starb noch an Ort und Stelle.

Für die drei Angeklagten sei absehbar gewesen, dass sie den 33-Jährigen in den Selbstmord trieben, betonte der Staatsanwalt. Dafür könnten die jungen Männer für viele Jahre ins Gefängnis kommen.

Ganzen Ort terrorisiert

Doch die Anklage geht noch weiter: Ein Einzelfall sei das Vorgehen gegen den 33-Jährigen nicht gewesen - auch wenn die Männer sonst wohl nicht ganz so extrem vorgegangen seien. Es habe eine Reihe von Menschen gegeben, die das Trio gemeinsam mit einigen Komplizen eingeschüchtert habe. Knapp 20 Anklagepunkte gibt es insgesamt. Immer wieder soll die Gruppe Menschen bedroht und verängstigt haben, um an Geld zu kommen.

Einige Male soll sie ihre Opfer so unter Druck gesetzt haben, dass die keinen anderen Ausweg sahen, als für die jungen Männer auf Diebestour zu gehen. Letztlich hat den Ermittlungen zufolge vor allem eine Drohung ihre Wirkung oft nicht verfehlt: Die ganze Familie eines Opfers umzubringen.

Der Ulmer Schwurgerichtskammer steht nun ein aufwendiger Indizienprozess bevor. Elf Verhandlungstage sind zunächst angesetzt. Ein Urteil könnte im September verkündet werden.