Der Mann ist Mitglied einer Bande und soll für einen Schaden von mehr als 230 000 Euro mitverantwortlich sein soll. Eine Tat war in Leonberg.
Als der Angeklagte von zwei Justizbeamten in den Sitzungssaal des Stuttgarter Landgerichts geführt wird, macht er einen freundlichen Eindruck. Er nickt allen im Saal zu, auch dem Staatsanwalt. Doch dieser kennt offenbar noch eine andere Seite des Mannes, der deutlich jünger als 34 Jahre aussieht. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann aus Polen gewerbs- und bandenmäßigen Betrug in zwölf Fällen vor. Er soll Mitglied einer europaweit agierenden Bande sein, die im März und April vergangenen Jahres bundesweit einen Schaden von rund 230 000 Euro verursacht haben soll.
Logistiker aus Polen, Tschechien, Frankreich und den Niederlanden
Oberster Chef dieser Bande sei ein Pole, der 2022 in London festgenommen wurde, trug Staatsanwalt Lars Jaklin vor. Von Großbritannien aus hätten sogenannte Keiler Schockanrufe bei überwiegend älteren Personen getätigt, eine Ebene darunter hätten so genannte Logistiker gearbeitet, die die Abholer mit Bargeld und Wegwerfhandys ausgestattet haben. Die Logistiker hätten aus Polen, Tschechien, Frankreich und den Niederlanden agiert.
Um ihre meist betagten Opfer unter Druck zu setzen, hätten die Keiler den Angerufenen erklärt, ein Verwandter habe einen Verkehrsunfall verursacht. Um nicht ins Gefängnis zu kommen, müssten sie eine Kaution hinterlegen, die eine Vertrauensperson abholen werde. Laut Anklage war der 34-Jährige einer der Logistiker, der die Abholer im deutsch-polnischen Grenzbereich mit Handys und Bargeld ausstattete.
Der 34-Jährige, der in der Regel am Sonntagabend zu Fuß aus Polen in die Gegend von Frankfurt/Oder gekommen sei, habe zwar nicht alle Bandenmitglieder gekannt, wohl aber von der Bandenstruktur gewusst. Insgesamt sei es zwischen dem 26. März und dem 23. April 2023 zu zwölf Fällen gekommen, in denen von ihm ausgestattete Abholer tätig wurden. Insgesamt sei dabei ein Schaden von rund 230 000 Euro entstanden, gut 115 000 Euro hätten jedoch sichergestellt werden können. In neun Fällen seien die Abholer von der Polizei festgenommen worden.
Opfer aus Leonberg
Unter den Opfern war auch eine 80-jährige Frau aus Leonberg. Auch ihr soll ein Anrufer vorgetäuscht haben, ihre Tochter habe einen Verkehrsunfall verursacht. Darauf habe die Frau einem Abholer 17 000 Euro und Schmuck als Kaution übergeben, dieser konnte aber kurz darauf festgenommen werden.
Nach der rund 30-minütigen Anklageverlesung zogen sich Richter, Staatsanwalt und Verteidiger zu einem Verständigungsgespräch zurück. Ein mögliches Ergebnis soll am 2. Dezember bekannt gegeben werden. Das Urteil soll voraussichtlich am 10. Januar verkündet werden.