Der Prozess, in dem einem Mann und zwei Frauen Menschenhandel im Bordell Paradise vorgeworfen wird, geht zu Ende. Die Plädoyers fanden im Landgericht Stuttgart hinter verschlossenen Türen statt.
Stuttgart - In dem Verfahren vor der 2. Jugendstrafkammer gegen einen 21 Jahre alten Angeklagten und zwei Prostituierte wegen des Vorwurfs des schweren Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung und der Zuhälterei ist unter Ausschluss der Öffentlichkeit plädiert worden. Wie dennoch bekannt wurde, fordert der Staatsanwalt für den 21-Jährigen eine Jugendstrafe von zweieinhalb Jahren. Zuvor hatte der Angeklagte, der in dem Prozess seit Anfang Juli geschwiegen hatte, überraschend ein Geständnis abgelegt. Nach Ansicht des Staatsanwalts sollen auch die beiden mitangeklagten Frauen hinter Gitter: Der Ankläger forderte im Fall der 25 und der 27 Jahre alten Prostituierten zweieinhalb beziehungsweise dreieinhalb Jahre Gefängnis.
Zwei Verteidiger fordern Freisprüche
Die Verteidiger der beiden Frauen betonten in ihren Plädoyers dagegen, dass ihre Mandantinnen unschuldig seien. Sie forderten daher Freisprüche. Der Verteidiger des Hauptangeklagten plädierte für den 21-Jährigen nach dessen Geständnis auf eine Jugendstrafe, bei der noch eine Bewährung möglich sei – also höchstens zwei Jahre.
Dem Mann und den beiden Frauen wird vorgeworfen, zwei junge Frauen gegen deren Willen dazu gezwungen zu haben, sich zu prostituieren – unter anderem im Bordell Club Paradise in Leinfelden-Echterdingen in der Nähe der Landesmesse. Der 21-Jährige sei mit der sogenannten Loverboy-Masche vorgegangen. Der Angeklagte, der der Straßengang United Tribuns angehören soll, habe den 20 und 21 Jahre alten Frauen im Winter 2013/2014 und im Frühjahr 2014 seine Liebe vorgegaukelt und sie mit Geschenken geködert.
Dann habe er seine Opfer psychisch massiv unter Druck gesetzt: Er log ihnen vor, er sei finanziell in einer Notlage, die Frauen müssten unbedingt als Prostituierte anschaffen gehen, um ihm zu helfen. Mehrere Wochen lang sollen die beiden Frauen dem Sexgeschäft nachgegangen sein. Unterstützt worden sei der 21-Jährige von den mitangeklagten Prostituierten, so die Staatsanwaltschaft.
Den Frauen 9000 Euro abgenommen?
Ihnen wird vorgeworfen, dafür gesorgt zu haben, dass die beiden Opfer spurten: Als erfahrene Prostituierte hätten sie darauf geachtet, dass die Frauen bei der Stange bleiben. Der Hauptbeschuldigte soll 5000 Euro vom Geld der Freier kassiert haben, jede der beiden mitangeklagten Prostituierten etwa 2000 Euro.
Der Prozess war mit Spannung erwartet worden. Er sollte Licht bringen in die Welt hinter der bunten Kulisse des Großbordells Club Paradise. Nach längerer Telefonüberwachung schlug die Polizei im Herbst 2014 zu: Bei einer Großrazzia in mehreren deutschen Städten und im Ausland wurden zahlreiche Bordelle und Wohnungen durchsucht. Nicht nur die drei jetzt Angeklagten waren ins Visier der Polizei geraten. Gegen weitere 15 Beschuldigte aus dem Umfeld des Bordells wird ermittelt, darunter auch gegen den Chef des Hauses, Jürgen Rudloff wegen Betrugs. Das Urteil dieses ersten Paradise-Prozesses wird für Freitag erwartet.