Mehrere Frauen mussten laut der Staatsanwältin für den Angeklagten in Bordellen der Region Stuttgart anschaffen. Foto: dpa/Boris Roessler

Ein 42-jähriger Familienvater aus dem Kreis Ludwigsburg steht wegen Zwangsprostitution vor Gericht. Er soll Frauen mit der sogenannten Loverboy-Masche geködert haben.

Stuttgart - Es sind die szeneüblichen Maßnahmen, welche die Staatsanwältin Melanie Rischke in ihrer Anklage vorträgt: Drohungen, Beleidigungen, Schläge, Ausbeutung. Zu all diesen Mitteln soll ein 42 Jahre alter Mann gegriffen haben, um mehrere Frauen in der Prostitution zu halten – und um sie abzukassieren. Doch ehe er laut der Anklage sein wahres Gesicht gezeigt haben soll, habe er den Opfern Liebe vorgespielt. Im Szenejargon nennt man dies die Loverboy-Masche. Nun muss er sich vor dem Stuttgarter Landgericht verantworten.

Die Staatsanwältin listet einiges an Vorwürfen auf: besonders schwere Zwangsprostitution, Zuhälterei, vorsätzliche Körperverletzung, Bedrohung, Raub, Besitz von kinderpornografischen Schriften, gemeint sind Kinderpornos, die der Mann auf seinem Handy gespeichert haben soll. Sie will bei dem Angeklagten 90 000 Euro einziehen, eine Summe, die er durch seine mutmaßlichen Straftaten verdient haben soll.

Opfer blutig geschlagen

Der Vater von drei Kindern aus dem Kreis Ludwigsburg, der einst als Koch und als Türsteher gearbeitet hat, soll beispielsweise im Januar 2018 eine damals 23-jährige Rumänin mit der Loverboy-Methode geködert und sie dann gezwungen haben, für ihn anzuschaffen. Er habe sie in einem Saunaclub in Böblingen, im bekannten Bordell Paradise in Leinfelden-Echterdingen (Kreis Esslingen) und in Clubs in Fellbach (Rems-Murr-Kreis) sowie in Ulm untergebracht. Als Zeichen, dass die Frau jetzt ihm gehöre, habe sie sich einen albanischen Adler und seinen Vornamen auf die rechte Hüfte tätowieren lassen müssen. Mehrere Male habe er sie blutig geschlagen. Außerdem habe er ihr Handyfotos von anderen Frauen gezeigt, die Platzwunden im Gesicht hatten, um sie gefügig zu halten.

Kinderpornos sichergestellt

So oder so ähnlich sei das auch bei anderen Frauen gelaufen. Beschimpfungen wie „Drogenhure“ oder „Stück Scheiße“ seien ebenso an der Tagesordnung gewesen wie Drohungen: „Ich werde dich kaputtmachen.“ Auch alle anderen Frauen hätten sich, wie die Anklägerin sagte, wie beschrieben tätowieren lassen müssen.

Anfang November des vergangenen Jahres sei er am Abend in einem Laufhaus an der Leonhardstraße in Stuttgart auf eine 19-jährige Prostituierte losgegangen, er habe sich auf deren Arme gestellt und ihr die Ohrringe abgenommen. Mitte Dezember des vorigen Jahres nahm ihn die Polizei schließlich fest, weil eine Frau gegen ihn ausgesagt hatte. Auf dem Handy des Angeklagten hat man offenbar Kinderpornos sichergestellt.

Am ersten Prozesstag vor der 19. Strafkammer des Landgerichts, zu dem wegen der Coronapandemie nur wenige Zuhörer zugelassen waren, wurde lediglich der Anklagesatz verlesen. Der Prozess wird am 16. Juni fortgesetzt.