Ein Junge bemerkt die Drohne und berichtet seinem Vater – einem Polizisten. Foto: dpa/Felix Kästle

Ein 24-Jähriger wird vom Amtsgericht Nürtingen zu einer Geldstrafe von 3600 Euro verurteilt. Ein Teil des Prozesses findet hinter verschlossenen Türen statt.

Nürtingen - Sitzt da am Freitag auf der Anklagebank im Amtsgericht Nürtingen ein Spanner? Die Frage ist nicht eindeutig mit Ja oder Nein zu beantworten, weil sich ein Teil der Verhandlung hinter verschlossenen Türen abgespielt hat. Dies sei „kein ganz klassischer Fall“, erklärt die Amtsrichterin Claudia Broß später in der Urteilsbegründung. Die Vorsitzende gesteht dem Angeklagten dabei zu, „dass Sie diese Aufnahmen nicht aus einer sexuellen Motivation heraus gemacht haben.“

Der 24-Jährige hatte zwischen dem 22. März und dem 30. April über dem Inselbad im Nürtinger Teilort Zizishausen immer wieder eine Drohne aufsteigen lassen. Mit der Kamera in dem kleinen unbemannten Fluggerät filmte er durch ein Oberlichtfenster in die Damen-Umkleide und die Sammeldusche. Nach seiner Festnahme sicherte die Polizei später einen Chip, drei Bildern und 23 Videodateien wurden zum Gegenstand der Anklage.

Der Angeklagte macht eine psychische Erkrankung geltend

Die Aufnahmen zeigten nackte oder halbnackte Frauen und Mädchen. Auf einem Video sind beispielsweise Frauen nach dem DLRG-Schwimmtraining zu sehen. Eine Schwimmerin rubbelt sich mit einem grünen Handtuch ab, eine andere hat ein zitronengelbes Handtuch um die Haare geschlungen, ist abgesehen davon aber im Evakostüm, wie eine als Zeugin geladene Polizeibeamtin schildert, die den Fall mit bearbeitet hat. Besonders deutlich seien die bei Dunkelheit gemachten Aufnahmen gewesen – wegen der besseren Kontraste im beleuchteten Inselbad.

Warum der 24-Jährige nach voyeuristischer Manier mit dem fliegenden Auge die Intimsphäre von Hallenbadbesuchern verletzte, erfuhren nur die Prozessbeteiligten. Denn die Zuhörer mussten den Saal auf Antrag des Verteidigers verlassen. Aus gesundheitlichen Gründen könne sein Mandant zu diesem Punkt nur nichtöffentlich Angaben machen. Der Nürtinger leide an einer psychischen Erkrankung, die sich verschlimmern könnte, wenn die Öffentlichkeit anwesend sei, erläuterte der Rechtsbeistand des Angeklagten.

Das Sicherheitsgefühl der Öffentlichkeit wird beeinträchtigt

Zuvor hatte der 24-Jährige zwar eingeräumt, dass er die Drohne gesteuert hat. Es habe sich jedoch nur „aus Zufall ergeben, dass ich das Schwimmbad gefilmt habe. Es war nicht meine Intention, Aufnahmen zu erstellen oder gar Leute zu filmen“, beteuerte der Student. „Ich war mir zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst, dass ich eine Straftat begehe“, fuhr der 24-Jährige fort. Mitte April habe er „alles gelöscht, was drauf war, ich hatte absolut kein Interesse an den Aufnahmen.“ Warum die Videos dennoch auf dem Chip waren, konnte er indessen nicht erklären.

An Zufälle wollte Claudia Broß hier jedoch nicht glauben und entschied auf 90 Tagessätze zu je 40 Euro. Durch sein heimliches Filmen habe der Angeklagte „erheblich das Sicherheitsgefühl der Öffentlichkeit beeinträchtigt“, so die Richterin.

Das Fenster im Inselbad ist inzwischen sichtgeschützt

Auf die Schliche gekommen war die Polizei dem Drohnenführer auf eher ungewöhnliche Weise. Ein Junge hatte vom Schwimmbad aus die Drohne hinter dem Oberlichtfenster zufällig entdeckt. Der Zwölfjährige berichtete die Beobachtung seinem Vater – einem Polizeibeamten. Dieser machte sich auf den Weg, sah die Drohne und alarmierte seine Kollegen, die den 24-Jährigen festnehmen konnten. Das Oberlichtfenster ist inzwischen übrigens mit einer Folie vor unerwünschten fliegenden Besuchern geschützt worden.