Ein 46-Jähriger ist am Amtsgericht Ludwigsburg zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Foto: factum/Bach/factum / Jürgen Bach

Ein 46-jähriger Familienvater tritt seine 14-jährige Tochter mit der Ferse auf den Brustkorb, das Mädchen landet auf der Intensivstation und muss für eine Woche mit einer Sonde ernährt werden. Der Vater wird zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

Markgröningen/Ludwigsburg - Dass man hart dafür bestraft wird, wenn man sich an den eigenen Sprösslingen vergreift, hat das Amtsgericht Ludwigsburg am Dienstag einem Familienvater klar gemacht. Richter Ulf Hiestermann verurteilte den 46-Jährigen wegen schwerer Körperverletzung zu einer Bewährungsstrafe von eineinhalb Jahren. Was der Angestellte aus Markgröningen seiner Tochter angetan hat, ist für viele Eltern schwer vorstellbar.

Der Mann hatte im Juli dieses Jahres seine Tochter aus dem Treppenhaus in die Wohnung in Markgröningen geschleppt, sie auf den Boden geworfen und mit der Ferse seines rechten Fußes auf ihren Brustkorb getreten. Anschließend schnappte er sich einen Holzkleiderbügel und schlug der 14-Jährigen damit auf den Po. Die Mutter und der Bruder eilten dem Opfer zur Hilfe. Ärzte stellten am folgenden Tag im Klinikum in Stuttgart fest, dass bei dem Schlag auf den Brustkorb Luft aus der Lunge entwichen war. Das Mädchen wurde auf die Intensivstation verlegt, wo es die nächsten sieben Tage verbrachte und mit einer Sonde ernährt wurde. Die Schülerin lag insgesamt zwei Wochen im Krankenhaus.

Dem Vater kommen die Tränen

Der Vater, der an starken Migräneschüben leidet, hatte nach eigenen Angaben am Tattag die Fassung verloren, weil seine Tochter und der 17-jährige Bruder im Treppenhaus gestritten hatten. Die beiden sollten Möbel, die die Familie geschenkt bekommen hatte, aus dem Erdgeschoss in die Wohnung tragen.

Das Verhalten des Vaters habe „mit Erziehung nichts zu tun“, sagte Hiestermann. „Sie haben in der Situation als Vater versagt.“ Wenn er sich noch einmal an seinen Kindern vergreife, könne der 46-Jährige davon ausgehen, dass er für mehrere Jahre im Gefängnis lande. Dem Angeklagten war am Dienstag anzusehen, dass er sich dafür schämt, was er seiner Tochter angetan hat. Bereits zu Beginn der Verhandlung hatte er die Tat gestanden und sich dafür entschuldigt. Während der Zeugenaussagen rutschte der Vater von fünf Kindern immer tiefer in seinen Sessel. Als er seine Tochter im Zeugenstand nochmals um Verzeihung bitten wollte, kamen ihm die Tränen. „Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist, ich habe die Kontrolle verloren.“

Das Mädchen möchte wieder nach Hause

Das Mädchen wohnt inzwischen in einer Wohngruppe auf der Karlshöhe, weil es das Jugendamt angeordnet hat. Die 14-Jährige war schon einmal von zuhause weggelaufen, weil der Vater ihr das Handy weggenommen hatte. Der Markgröninger war nicht damit einverstanden gewesen, wie sich seine Tochter im Internet präsentiert hatte. Die 14-Jährige sagte aus, dass ihr Vater sie damals auch bedroht, ja sogar gedroht hatte, sie umzubringen – aber auch das sei vergessen. Das Mädchen beteuerte vor Gericht, dass sie wieder nach Hause wolle – selbst wenn der Vater da sei. Denn der 46-Jährige ist inzwischen ausgezogen, auch um „die Situation in der Familie zu entschärfen“, wie seine Verteidigerin sagte. Seitdem betrete er die Wohnung nicht mehr, komme aber für den Unterhalt der siebenköpfigen Flüchtlingsfamilie auf.

Offenbar ist der Mann in der Vergangenheit des Öfteren handgreiflich geworden – auch gegenüber seiner Frau. „Seit wir hier in Deutschland sind, aber eigentlich nicht mehr“, sagte die 44-Jährige. „Wahrscheinlich geht es ihm hier besser.“ Ihr Ehemann befinde sich schon seit mehr als zehn Jahren in Behandlung wegen seiner starken Kopfschmerzen. Eine ehrenamtliche Betreuerin, die die Familie seit dreieinhalb Jahren begleitet, berichtete ebenfalls von der Krankheit des Vaters. „Dass er so etwas macht, hätte ich aber nicht für möglich gehalten“, sagte die 67-Jährige. Sie habe den Angeklagten als engagiert kennengelernt. Er kümmere sich gut um seine Familie.

46-Jähriger ist nicht vorbestraft

Hiestermann hielt dem Angeklagten zugute, dass er an einem Antiaggressionstraining teilnimmt und in einer sogenannten Vätergruppe an seinem Verhalten arbeitet. Weil der Mann auch nicht vorbestraft war, setzt er die Strafe für drei Jahre zur Bewährung aus.