Ein Firmenchef soll sich an seinen Mitarbeiterinnen vergangen haben. Foto: dpa

Ein Geschäftsführer steht vor Gericht, weil er sich an Mitarbeiterinnen vergangen haben soll. Seine Sekretärin soll er beispielsweise in eine Abstellkammer gelockt und dort zum Sex gezwungen haben. Er bestreitet das und spricht von Rache.  

Leonberg - Hat ein Firmenchef aus dem Altkreis Leonberg (Kreis Böblingen) zwei inzwischen ehemalige Mitarbeiterinnen vergewaltigt? Mit dieser Frage setzt sich das Leonberger Schöffengericht auseinander. Der 54 Jahre alte Geschäftsführer muss sich wegen Vergewaltigung in zwei Fällen sowie Exhibitionismus verantworten.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann vor, sich im Juli 2016 an seiner früheren Sekretärin vergangen zu haben. Damals, so die Anklage, soll er die Frau in eine Abstellkammer des Büros gelockt und sie dort zum Geschlechtsverkehr gezwungen haben. Anschließend soll er mit ihr zu einer Apotheke gefahren sein und sie aufgefordert haben, die Pille danach zu kaufen.

Laut der Anklage soll er vor ihren Augen die Hose heruntergelassen und mit erigiertem Penis auf die Toilette marschiert sein. Weiterer Vorwurf: Er soll eine frühere Putzkraft während der Arbeit in der Sauna eines Fitnesscenters vergewaltigt haben.

Der Familienvater, seit gut 20 Jahren Chef eines Unternehmens mit 70 Mitarbeitern, streitet die Vorwürfe ab. Er räumt nur ein mehrjähriges Verhältnis mit seiner früheren Sekretärin ein. Mit ihr habe er sich regelmäßig in einem Hotel in Stuttgart getroffen: „Die Initiative ging von ihr aus, sie hatte immer die Nähe zu mir gesucht.“

„Von Sex geträumt“

Auch mit der früheren Putzkraft habe er Geschlechtsverkehr in deren Wohnung gehabt, jedoch „einvernehmlich“. Der Angeklagte: „Sie kam zu mir und sagte, sie hätte davon geträumt, dass wir Sex haben.“

Die Richterin Sandra De Falco fragt, wie er sich die Vorwürfe erklärt. Der 54-Jährige vermutet, dass die beiden ihm schaden wollen, weil das Arbeitsverhältnis im Streit geendet sei. Seine frühere Sekretärin habe auf die Ausbezahlung von Überstunden bestanden. Die Sache landete vor dem Arbeitsgericht. Die andere Ex-Mitarbeiterin habe zu Unrecht eine Abfindung verlangt. Am Ende seiner Aussage meint er: „Das ist doch alles nicht logisch. Wenn ich vergewaltigt werde, gebe ich doch sofort den Büroschlüssel ab und gehe zur Polizei!“

Die beiden Frauen, die als Nebenklägerinnen auftreten, werden unter Ausschluss der Öffentlichkeit vernommen. Laut der zuständigen Kommissarin hatte die Putzkraft ihren Ex-Chef angezeigt, nachdem die frühere Sekretärin in der Vernehmung ihren Namen ins Spiel gebracht hatte.

Die zwei sollen nicht die einzigen sein, die der 54-Jährige bedrängt haben soll. Die Beamtin sagt, dass schon früher eine Anzeige wegen sexueller Belästigung gegen den Mann erstattet worden sei, die Sache sei am Ende aber eingestellt worden.

„Er hat mich mit Blicken förmlich ausgezogen“

In der Verhandlung sagt auch eine 44-Jährige aus, die bis 2015 bei ihm gearbeitet hatte. Schon kurz nach ihrem Einstieg soll der Mann sie sexuell belästigt haben. Als sie damit gedroht habe, seinem Sohn davon zu erzählen, habe er aufgehört. Dennoch habe er ihr fortan zu verstehen gegeben, dass er an ihr interessiert sei – so habe er sie „mit seinen Blicken förmlich ausgezogen“ und Anspielungen zu Sexualpraktiken gemacht. „Einmal setzte er sich während der Arbeit auf einen Stuhl, schaute mich an und spielte an seiner Hose herum“, erzählt sie.

Kündigen wollte sie aber nicht: „Ich brauchte den Job, ich habe zwei Kinder, und mein Deutsch ist schlecht.“ Das Ganze belastete sie stark, sie sei in Therapie.

Eine weitere ehemalige Mitarbeiterin berichtet, dass eine der betroffenen Frauen sich ihr damals anvertraut habe. Sie soll ihr gesagt haben, dass sie der Angeklagte „einfach nicht in Ruhe lasse“. Dann erzählt sie, dass der Mann sogar ihre damals zwölf Jahre alte Tochter begrapscht haben soll. Von ihr mit den Vorwürfen konfrontiert, habe er ihr mit einer Anzeige wegen Verleumdung gedroht. Das streitet der Firmenchef ebenfalls ab. Der Prozess wird fortgesetzt.