Die Verletzungen des 34-Jährigen waren massiv Foto: dpa

Ein junger Mann hat mit zwei Komplizen einen 34-Jährigen in Leonberg krankenhausreif geprügelt. Die Gründe blieben auch vor Gericht im Dunklen. 

Leonberg - Ein 23-Jähriger, der sich am Leonberger Amtsgericht (Kreis Böblingen) wegen Bedrohung und gefährlicher Körperverletzung verantworten musste, ist zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt worden, diese wurde allerdings zur Bewährung ausgesetzt. Der Richter Josef Weiß war sich sicher, dass der Mann einen 34-Jährigen krankenhausreif geschlagen hatte. „Es gibt keinen Grund, warum ich an den Aussagen des Geschädigten zweifeln sollte“, sagte er bei der Urteilsbegründung.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Leonberger mit zwei Unbekannten im August 2016 dem Mann vor dem Netto-Markt in der Wilhelmstraße aufgelauert und ihn anschließend in einem Hinterhof zusammengeschlagen hat. Damals hatte das Trio mehrfach mit Faustschlägen auf das Opfer eingeprügelt. Obendrein hatte der Angeklagte ihm mit vorgehaltenem Messer gedroht: „Ich will dein Blut sehen!“ Erst als eine Anwohnerin die Männer entdeckte und die Polizei holen wollte, ließen die Schläger von ihm ab.

Auffällige Tätowierungen

„Dass es zu einer Schlägerei kam, war klar“, sagte der Richter. „Fraglich war nur, ob man sie dem Angeklagten zuordnen kann.“ Und davon war er überzeugt. Schließlich habe der Geschädigte ihn in der Verhandlung wiedererkannt. Und er konnte sich auch an seine beiden Tätowierungen erinnern, auch wenn dieser von einem Löwen gesprochen hatte – tatsächlich war es der Kopf seiner Mutter. „Es ist aber nachvollziehbar, dass man so etwas in einer solchen Situation verwechseln kann“, befand Richter Weiß.

Dessen Verteidiger hatte einen Freispruch beantragt – nicht nur wegen der Sache mit den Tattoos, die „jeder hätte kennen können, waren doch diese auch bei Facebook zu sehen“. Aber auch sonst war vieles seiner Meinung nach im Unklaren geblieben. So hatte der 34-Jährige seinen Mandanten bei der Wahlbildlichtvorlage auf der Polizeiwache nicht identifiziert. Ferner führte er an, dass die Anwohnerin den 23-Jährigen vor Gericht nicht erkannte und von einem „dunkleren Typ, arabischer Herkunft“ sprach. „Das Opfer spricht von 50 Schlägen an den Kopf, was nicht dem Verletzungsbild entspricht“, meinte der Anwalt. „Daran sieht man, wie groß sein Belastungseifer ist!“

Hat er gelogen?

Die Staatsanwältin sah nicht zuletzt mit den Falschaussagen des Angeklagten dessen Schuld bestätigt. Dieser hatte erzählt, dass er sich erst nach der Prügel-Attacke stechen ließ, das konnte aber durch die Aussage seines Tätowierers widerlegt werden. Mit einem Jahr und sechs Monaten zur Bewährung hatte sie für den Leonberger ein noch schärferes Urteil gefordert. Dies lag auch daran, dass der Lagerist einschlägig vorbestraft war. Diesem Antrag hatte sich der Nebenklägervertreter angeschlossen. Allerdings beantragte er, dass die geforderte Geldauflage von 1500 Euro seinem Mandanten als Schmerzensgeld zugute kommt. So entschied am Ende auch das Gericht.

Die Verletzungen des 34-Jährigen waren nämlich massiv: Neben einer Mittelgesichtsfraktur wurden auch Kieferbrüche und mehrere Prellungen bei dem Leonberger diagnostiziert. Am Ende musste der Mann zweimal operiert werden – die Ärzte setzten ihm vier Platten ein, die mit zwölf Schrauben befestigt wurden. Komplett erholt hat er sich eigener Aussage nach bis heute nicht davon und leidet nach wie vor unter den Schmerzen.

Cola-Dose mit DNA-Spuren

Die Polizei hatte damals einen enormen Aufwand betrieben, um die Schläger ausfindig zu machen. Die Aufnahmen einer Überwachungskamera am Eingang des Supermarkts brachten aber genauso wenig Erfolg wie auch die Untersuchung einer mit Bluteintragungen behafteten Cola-Dose auf DNA-Spuren, die der Leonberger zur Verteidigung eingesetzt hatte. Schließlich lieferte der 34-Jährige selbst den Namen des Angeklagten, den er über Bekannte erfahren haben wollte. Seine Komplizen konnten aber nicht ermittelt werden.

Ungeklärt blieb bis zum Ende der Grund für die Tracht Prügel. „Aber ich denke, dass Sie beide ganz genau wissen, was zu der Auseinandersetzung geführt hat“, war sich Richter Weiß sicher. Die Polizei hatte einen Drogenhintergrund nicht ausgeschlossen.