Bei dem Angriff wurde das Opfer erheblich verletzt. Foto: imago images/Gottfried Czepluch

Das 35 Jahre alte Opfer berichtet als Zeuge vor dem Landgericht Heilbronn, wie die Attacke in Großbottwar sein Leben veränderte. Die Hintergründe der Tat sind noch unklar.

Am zweiten Verhandlungstag im Prozess gegen einen 28-Jährigen wegen des versuchten Totschlags vor dem Landgericht Heilbronn sagte am Donnerstag das Opfer aus. Der 35 Jahre alte Großbottwarer hatte bei der Attacke drei Verletzungen an Bein, Bauch und Hand erlitten, zwei Wunden mussten genäht werden.

„Die Verletzungen sind soweit verheilt, aber ich habe körperlich und seelisch Narben davongetragen“, sagte der gelernte Maschinenmechaniker als Zeuge im Gerichtssaal. Bei Wetterumschwüngen mache sich besonders die Stelle am Handgelenk bemerkbar, er könne nicht abschalten und schlafe schlecht. „Ich dachte zuerst, ich stecke das gut weg.“ Nun sei er in psychologischer Behandlung.

Für die Staatsanwaltschaft steht fest, dass der Jüngere versucht hat, den Älteren zu töten. Ende Juli vergangenes Jahr war der 35-Jährige am Abend in Großbottwar mit seinem Hund Gassi gegangen, als der Angeklagte nahe seinem Wohnhaus an einer Ampel auf den Älteren zukam. Zweimal habe er diesen laut gefragt, ob er sich sicher sei, dass es nichts zu klären gebe, bevor er mit einem Messer auf ihn losging.

Dem 36-Jährigen sei es noch gelungen, seinen Hund abzuleinen. Der Angeklagte bekam ein Bein des Mannes zu fassen und stach darauf ein. Innerhalb weniger Minuten fügte er seinem Opfer noch eine Schnittwunde am Bauch und eine noch längere an der Hand zu. Gestoppt wurde das Ganze nur, weil zwei Bekannte des Angeklagten dazwischen gingen.

Im ersten Moment noch gelacht

Erkennbar hatte den Zeugen die Schilderung des Angeklagten vom ersten Verhandlungstag aufgebracht, wonach er der Aggressor gewesen sei. Er habe, selbst als der Angeklagte auf der Straße das Messer zog, das Ganze im ersten Moment nicht ernst genommen und gelacht. Über seinen Verteidiger hatte der Angeklagte erklären lassen, nach den Beleidigungen und Verletzungen durch die Hundeleine mit dem Messer nur hin- und her gefuchtelt zu haben, um den 35-Jährigen von sich fernzuhalten.

Die Prozessbeteiligten beharrten auf ihren Versionen des Tathergangs. „Wir kennen uns, aber er gehört nicht zu meinem Freundeskreis“, erklärte der 36-Jährige und wiederholte stoisch, nicht zu wissen, warum das alles geschehen sei. Das Nachhaken der Verteidigung brachte zutage, dass der Angeklagte früher einmal in der Wohnung des Opfers ein Tattoo gestochen bekommen hatte.

Beide Männer sind keine unbeschriebenen Blätter. Der Angeklagte räumte massive Drogenprobleme ein, einmal schon saß er im Gefängnis. Der 35-Jährige Zeuge hatte bis vor einigen Jahren Probleme wegen Körperverletzung und Beleidigung. „Ich habe mich inzwischen definitiv geändert“, beteuerte er am Donnerstag.

Keiner kann sich einen Reim auf die Sache machen

Die 1. Schwurgerichtskammer hörte noch weitere Zeugen, darunter den Kellner eines Lokals und die langjährige Freundin des Opfers. Auch sie konnten sich keinen Reim auf die möglichen Hintergründe der Tat machen und auch nicht die Frage nach einem vom Opfer plötzlich ins Spiel gebrachten Kumpel erhellen. Der habe ihn auf dem Gassigang begleitet, den Angeklagten kurz begrüßt und sich bei der Auseinandersetzung um den Hund gekümmert und sei nicht eingeschritten. „Er wollte nichts mit der Polizei zu tun haben, also habe ich versprochen, ihn nicht als möglichen Zeugen zu nennen“, erklärte der 35-Jährige den skeptischen Prozessbeteiligten. Hier nun im Gerichtssaal müsse er aber die Wahrheit sagen. – Das Verfahren wird am 9. März fortgesetzt.