Bei einer Unfallaufnahme geraten ein Polizist und ein Beifahrer aneinander. Foto: dpa (Symbolbild)

Ein Mann klagt einen Polizisten an, der ihn geschlagen haben soll. Die Kollegen des Beamten haben bei dem Einsatz vor zwei Jahren den Kläger als aggressiv erlebt. Ihre Eindrücke schildern sie vor Gericht.

Stuttgart - Wie reagiert ein Polizist, wenn ein Beteiligter am Unfallort raucht? „Also ich lasse mir auch nicht mit einer Zigarette vorm Gesicht herumfuchteln, wenn jemand näher als zwei Meter vor mir steht“, sagte ein 27-jähriger Beamter im Zeugenstand am Donnerstag vor dem Amtsgericht. Dort ist aktuell zu klären, ob sich sein Kollege der Körperverletzung im Amt schuldig gemacht hat. Das Verfahren dreht sich um einen Einsatz im Februar 2017, bei dem ein Unfall aufzunehmen war.

Der angeklagte Polizist war einer der ersten am Unfallort. Er soll den heute 37-jährigen Mann, der als Beifahrer in einem der Unfallautos saß, mit der Faust geschlagen haben. „Einer war gleich unkooperativ“, sagt der 24-Jährige Polizeiobermeister, der in jener Februarnacht mit dem nun angeklagten 29-Jährigen als erste Streifenwagenbesatzung an den Unfallort kam. Gemeint ist der Mann, der nun gegen den Beamten klagt. „Wir haben uns dann aufgeteilt, ich ging zu einem anderen Beteiligten in den Krankenwagen“, so der 24-Jährige weiter. Als er wieder rauskam, war alles schon vorbei, der von ihm als unkooperativ bezeichnete Beifahrer im Unfallwagen lag mit Handschellen fixiert am Boden. „Er hat mich mit einem Ringergriff zu Boden gebracht“, habe ihm sein Partner erzählt, als er ihn verletzt im anderen Krankenwagen fand.

Die Zeugen haben seinerzeit mit eingegriffen

Näher dran am Geschehen war ein 27-jähriger Beamter, der kurz nach dem ersten Streifenwagen an der Unfallstelle ankam. „Ich bekam mit, dass sich ein Gespräch um eine Kippe und einen Alkoholtest drehte“, sagte er aus. Er habe die Körpersprache des Rauchers beobachtet. „Er fuchtelte mit der Zigarette meinem Kollegen vor dem Gesicht herum und weigerte sich, sie auszumachen.“ Aufgrund der Haltung und der angespannten Muskeln habe er sich entschieden, Handschuhe anzuziehen, was er immer tue, wenn es zum Handgemenge kommen könnte, und seinen Kollegen zu unterstützen. „Sie waren rangelnd ineinander verschlungen“, beschreibt er die Szene, als sein Kollege – der Angeklagte – versuchte, dem rauchenden Beifahrer Handschellen anzulegen. Dann sei der Mann mit dem Rücken zum Polizisten gestanden und habe ihm einen „Körperstoß“ versetzt, ihn mit einer ruckartigen Bewegung umgestoßen. „Ich hörte, wie sein Kopf auf dem Asphalt aufschlug.

Er habe dann den Arm des Mannes gegriffen, sein Streifenpartner den anderen. Das ist die Szene, die auf einem Video im Internet innerhalb weniger Tage millionenfach geklickt wurde: Während diese beiden Beamten, gegen die ebenfalls ermittelt worden war, den Mann hielten, schlug ihm ein dritter mit dem Schlagstock von hinten in die Beine. Gegen alle drei war am Anfang ebenfalls ermittelt worden, nachdem der Geschlagene das Video auf Facebook gestellt hatte. Übrig blieb nur das Verfahren gegen den nun angeklagten 29-Jährigen. Die weiteren Verfahren wurden eingestellt.

Der vierte – der Angeklagte – soll in diesem Moment mit der Faust zugeschlagen haben. Die habe er nicht gesehen, sagt der 27-Jährige. „Ich wiege mehr als 100 Kilo und mein Kollege fast genauso viel. Jeder hatte einen Arm und wir bekamen ihn nicht zu Boden. Da war ich nur auf den Arm konzentriert“, sagte der 27-Jährige. Die Reaktion des angeklagten Kollegen könne er verstehen: Die Weigerung, eine Zigarette auszumachen und das Gerangel, als der Beamte ihm die Kippe abnehmen will, ließen auf ein aggressives Verhalten schließen. Da sei es angebracht, Handschellen anzubringen.

Auch die weiteren Zeugen, die jeweiligen Streifenpartner, schilderten die Situation ähnlich: Alle hatten den 37-Jährigen als aggressiv und unkooperativ wahrgenommen.