Die deutsche Journalistin und Übersetzerin Mesale Tolu kommt in Begleitung ihres Ehemannes Suat Corlu zu ihrer Gerichtsverhandlung in Istanbul im Oktober 2018. Am Montag wurde sie nun freigesprochen. Foto: dpa/Emrah Gurel

Fünf Jahre dauerte das juristische Tauziehen um Mesale Tolu in der Türkei. Die deutsche Journalistin hat noch Glück gehabt, dass ein einflussreiches Land wie Deutschland hinter ihr stand, kommentiert unsere Türkei-Korrespondentin Susanne Güsten.

Istanbul - Den Prozess gegen die deutsche Journalistin Mesale Tolu in der Türkei hätte es nie geben dürfen. Das gab am Ende des Verfahrens selbst die Istanbuler Staatsanwaltschaft zu, als sie auf Freispruch plädierte. Fast fünf Jahre, nachdem die Ulmerin in Istanbul von bewaffneten Polizisten vor den Augen ihres kleinen Sohnes nachts aus ihrer Wohnung gezerrt wurde wie eine Schwerverbrecherin, kommt der Freispruch viel zu spät. Die türkische Justiz hat einer unschuldigen jungen Familie das Leben zur Hölle gemacht, sie hat über Jahre ein völlig unsinniges Verfahren geführt, obwohl es keine Beweise für die Anschuldigungen gab – und sie hat dazu beigetragen, dass die Türkei in Deutschland und anderen westlichen Ländern inzwischen als Unrechtsstaat gilt.

Kein Zeichen, dass sich in der Türkei etwas zum Besseren ändert

Dabei hat Tolu noch Glück gehabt, dass ein einflussreiches Land wie Deutschland hinter ihr stand. In der Türkei sitzen tausende andere Unschuldige seit Jahren hinter Gittern, weil sie der Regierung bei ihrer Hexenjagd auf mutmaßliche Gegner nach dem Putschversuch von 2016 ins Netz gingen. Erst vor ein paar Tagen nahm sich ein 16-jähriger Junge aus Verzweiflung über die lange Haft für seinen Vater das Leben.

Tolus Freispruch ist keineswegs ein Zeichen dafür, dass sich in der Türkei etwas zum Besseren ändert. Er zeigt lediglich, dass der Fall der Deutschen der regierungshörigen Justiz des Landes und wohl auch der Regierung lästig wurde.