Das Haus ist bis heute belastet und unbewohnbar. Foto: dpa/Christoph Schmidt

200 Milligramm Zyankali reichen, um einen Menschen zu töten. Im Privatkeller eines Chemielaboranten lagen 150 Kilogramm. Ins Gefängnis muss er trotzdem nicht.

Karlsruhe - Für den Diebstahl von etlichen Tonnen gefährlicher und giftiger Chemikalien hat das Landgericht Karlsruhe einen Laboranten zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Bewährung sei für den 46-Jährigen möglich, weil er ein Geständnis abgelegt und bereits sechs Monate in Untersuchungshaft gesessen habe, sagte der Vorsitzende Richter Ralf Kraus am Donnerstag. Außerdem habe es keinen Anhaltspunkt dafür gegeben, „dass mit den Chemikalien irgendetwas Übles gemacht werden sollte“.

Gericht glaubt an Experimentierfreude

Die Freiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten entspricht den Anträgen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung. Als Bewährungsauflage muss der Mann, der von Hartz IV lebt und nach eigenen Angaben keine Arbeit mehr findet, 150 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten.

Das Gericht glaubte ihm, rein aus Freude an Experimenten und am Sammeln von Chemikalien gehandelt zu haben. Strafmildernd wirkten sich auch Versäumnisse seines damaligen Arbeitgebers, des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), bei der Überwachung von Einkauf und Lagerung der Chemikalien aus.

Der 46-Jährige hatte zugegeben, im KIT zwischen 2009 und 2014 in einer nicht endgültig geklärten Zahl von Fällen Chemikalien und Gerätschaften gestohlen zu haben. Darunter befanden sich neben Zyankali auch Brom-, Quecksilber- und viele weitere Verbindungen.

25 Tonnen aus dem Elternhaus geborgen

Experten holten 2014 einschließlich der Behälter rund 25 Tonnen aus dem Elternhaus des Mannes und einem weiteren Keller in Eppingen (Kreis Heilbronn). Der Fall hatte für Aufsehen und große Beunruhigung weit über den Ort hinaus gesorgt. In der Nähe des Gebäudes, das bis heute wegen Bleibelastung nicht bewohnt werden darf, befinden sich eine Schule und ein Kindergarten.

Als negativ bewertete das Gericht für den nicht vorbestraften Angeklagten den hohen Wert des Diebesguts von rund 55 000 Euro, die große Menge der Chemikalien und die lange Zeitspanne, in denen der Mann gestohlen hatte. Außerdem habe er eine Vertrauensstellung innerhalb des KIT missbraucht.