Der Angeklagte soll fast 250 000 Euro veruntreut haben. Foto: dpa/Patrick Seeger

Angeklagter soll Rücklagen von Wohnungseigentümergemeinschaften veruntreut haben – Schaden: fast 250 000 Euro

Stuttgart - In akribischen Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft im Zeitraum von Herbst 2011 bis Frühjahr 2014 rund 60 Fälle der Veruntreuung von beinahe 250 000 Euro rekonstruiert. Neben der Untreue in besonders schwerem Fall wirft die Anklagebehörde dem Hauptangeklagten zudem Insolvenzverschleppung und Bankrott vor. Vor Gericht müssen sich außerdem sein jüngerer Lebensgefährte sowie die Buchhalterin der Gesellschaft verantworten, die aus gesundheitlichen Gründen in einem gesonderten Verfahren zur Rechenschaft gezogen wird.

Kein wirtschaftlicher Erfolg in verschiedenen Branchen

In unterschiedlichen Branchen machte sich der gebürtige Stuttgarter immer wieder selbstständig, trotz des ausbleibenden wirtschaftlichen Erfolges. „Eigentlich lief es mit der kleinen Firma für Gebäudereinigung ganz gut, doch dann holte mich meine Vergangenheit wieder ein“, erklärte der 55-Jährige am ersten Verhandlungstag. Damit meint der gelernte Mechaniker seine „angespannte finanzielle Situation, die sich wie ein roter Faden durch mein Leben zieht“. Frühere Geschäftspartner, aber auch das Finanzamt Stuttgart machten als Gläubiger Druck wegen säumiger Zahlungen.

Hauptangeklagter nimmt Schuld auf sich

2011 gründete der 55-Jährige die VTR GmbH, um mit ihr die Hausverwaltung von Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) zu übernehmen. Auf dem Papier war sein Lebensgefährte, ein 42 Jahre alter Flugbegleiter, als alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer eingetragen. Faktisch bestimmte der 55-Jährige das Geschäft.

„Ich bin in dieser Sache ganz allein schuldig und möchte nichts schönreden“, bekannte der Hauptangeklagte, der seit der Insolvenz seiner Firma im Jahr 2014 bei einem Unternehmen für Sonnenschutzfolien angestellt ist. Fast 250 000 Euro hat der Mann von WEG-Konten abgehoben und damit einerseits Finanzlöcher in seinem Unternehmen gestopft, andererseits seinen Lebensunterhalt finanziert. Nach seiner Überzeugung hat der immer Mann jedoch „kein ausschweifendes Leben geführt“.

Lebensgefährte übernimmt Bürgschaft

Als eine Bank einen Kredit für die Anschubfinanzierung der VTR in Aussicht stellte, kauft er aber flugs ein Motorboot von neun Metern Länge für 20 000 Euro. Als der Kredit jedoch um beinahe die Hälfte geringer ausfiel, griff er in die Rücklagenkonten der WEGs. Mit einem kleinen Teil des Kredits kaufte er eine Hausverwaltung, den Rest schob er in bereits bestehende Finanzlücken. Doch mit der Annahme des Darlehens musste der Angeklagte der Bank Sicherheiten liefern. Der Lebensgefährte übernahm eine Bürgschaft über die volle Höhe des Kredits von 80 000 Euro. Darüber hinaus konnte der 55-Jährige Verwandte dazu überreden, ihre als Altersvorsorge gedachte Eigentumswohnung als Grundschuld für den Kredit eintragen zu lassen. Um beides nicht zu gefährden, schob er Geld hin und her, stopfte zwar das eine oder andere Loch mit eigenen Einnahmen der GmbH, geriet aber immer weiter in einen Abwärtsstrudel.

Sekretärin mahnt Insolvenz an

So konnten Lastschriften bald nicht mehr erfüllt werden, weil das Geschäftskonto ständig tiefrot im Soll stand, Beiträge an die Sozialversicherung für die Angestellten wurden nur unregelmäßig abgeführt, im Laufe der Zeit konnte er auch deren Gehälter oder die Miete für die Geschäftsräume in Stuttgart nicht mehr regelmäßig bezahlen.

Mit der Buchhalterin sprach er immer wieder über die prekäre finanzielle Situation, schließlich hatte auch sie Verfügungsgewalt über die Konten der WEGs und der GmbH und sah die Geldtransfers. Sie mahnt ihn, doch Insolvenz zu beantragen. 2014 erstattet der Angeklagte Selbstanzeige und anschließend beantragte er Insolvenz. Der Prozess wird an diesem Dienstag fortgesetzt.