Die Hausbesetzung von Heslach hat ein juristisches Nachspiel. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die Staatsanwaltschaft wirft drei Aktivisten Hausfriedensbruch vor. Diese hatten im vergangenen Frühjahr Wohnungen in einem Heslacher Haus besetzt – und sehen die Sache anders.

Stuttgart - Zumindest in einem Punkt sind sich die Verfahrensbeteiligten beim Auftakt des Prozesses gegen drei Hausbesetzer einig gewesen: Als in einer der zahlreichen Unterbrechungen jemand scherzte, der Prozess mindere die Thrombosegefahr, da man häufig aufstehen müsse, widersprach niemand. Die Gründe der Unterbrechungen der Verhandlung waren Anträge der Verteidiger, die für ihre Mandanten am liebsten gleich beim Auftakt eine Einstellung des Verfahrens erreicht hätten. Das klappte jedoch nicht.

Zu verantworten haben sich eine 53-jährige Frau, die als Beruf Lebenskünstlerin angibt, eine 26-jährige Frau und ihr 27-jähriger Partner. Ihnen wirft die Staatsanwaltschaft Hausfriedensbruch vor. Sie waren im vergangenen Frühjahr an der Besetzung des Hauses an der Wilhelm-Raabe-Straße 4 beteiligt und wohnten zeitweise in den nach einer Demo zur Wohnungsnot besetzten Wohnungen im Dachgeschoss und im Erdgeschoss des Mehrfamilienhauses. Die neue Eigentümerin hatte sie angezeigt.

Die Angeklagten verlesen Stellungnahmen mit politischer Botschaft

Zu den Vorwürfen äußerten sich die beiden Frauen jeweils mit einer Erklärung, die auch politische Botschaften enthielt. Die 53-Jährige, die im Dachgeschoss eingezogen sein soll, sagte, man habe das Haus „nicht aus Jux und Dollerei“ besetzt. Es sei darum gegangen, ein Zeichen gegen die Wohnungsnot zu setzen. Sie habe ihre Wohnung im Westen verloren, weil ihr nach 25 Jahren wegen Eingenbedarfs gekündigt worden sei. „Da ist nun ein hippes Architekturbüro drin“, berichtete die Angeklagte. Mit den Besetzern säßen die Falschen auf der Anklagebank. „Spekulanten und Eigentümer gehören angeklagt“, betonte die 53-Jährige. Die 26-jährige Aktivistin, die in die andere leer stehende Wohnung gezogen war, sagte, sie leide mit ihrem ebenfalls angeklagten Partner unter den Vorurteilen, die Vermieter gegen Hartz-IV-Bezieher hätten. Man werde „in die unterste Schublade gesteckt und hat keine Chance“ auf dem Wohnungsmarkt. Ihr Partner macht zurzeit sein Abitur, sie habe keinen Beruf. Das Paar zieht seine Tochter in einer Wohnung groß, „in der der einzige Rückzugsraum die Toilette ist“, betonte sie.

Da sie zur Person keine Angaben machten, verlas die Richterin Julia Schmidt frühere Urteile gegen die 26-Jährige. In den Gerichtsunterlagen kamen Angaben zum Werdegang vor. Dass jedoch die Verurteilungen samt der Taten seiner Mandantin vorgelesen wurden – unter anderem sei sie bei einer Demo beteiligt gewesen, als Teilnehmer gegen eine Polizeiabsperrung rannten und habe Beamte beleidigt, rügte ihr Anwalt. Dies führte zu einer der zahlreichen Unterbrechungen. Die Richterin zog sich zurück und kam mit dem Beschluss zurück, dass sie die Urteile weiterhin verlesen werde, da die Einträge ins Zentralregister im Verfahrensverlauf noch relevant werden würden. Das war schon der zweite Beschluss. Davor hatte der Anwalt des 27-jährigen Mannes kritisiert, dass Zuhörer aus Sicherheitsgründen keine Stifte mit in den Saal nehmen durften. Auch dabei blieb die Richterin. Noch einmal musste sie unterbrechen, weil jemand den Anwalt der Eigentümerin im Saal entdeckt hatte. Das teilte wieder einer der Anwälte mit, kaum, dass die Richterin wieder da war. Da die Eigentümerin noch als Zeugin gehört werden wird und der Anwalt dabei ihr Rechtsbeistand ist, musste er den Sitzungssaal verlassen.

Die Eigentümerin soll an einem der nächsten Verhandlungstage aussagen. Das Verfahren wird am 10. April fortgesetzt.