Eberhard Brett sieht sich von den Vorwürfen entlastet. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Zahlen muss er wohl – aber beileibe nicht so viel wie gefordert. Im Zivilverfahren gegen den AfD-Stadtrat und Rechtsanwalt Eberhard Brett will das Gericht bis Oktober einen Vergleichsvorschlag unterbreiten. Einige der Vorwürfe dürften wohl verjährt sein.

Stuttgart - Normalerweise stehen Zivilverfahren nicht unbedingt im Blickpunkt öffentlichen Interesses. Wenn freilich der Beklagte ein Stuttgarter Stadtrat ist, dem zudem ungerechtfertigte Bereicherung aus seiner Anwaltstätigkeit vorgeworfen wird, kann es durchaus von Interesse sein, einen solchen Prozesstermin wahrzunehmen – so auch am Dienstag. Im Saal 230 des Landgerichts sah sich der Stadtrat der Alternative für Deutschland (AfD), Eberhard Brett, den Vorwürfen eines ehemaligen Geschäftspartners und Mandanten ausgesetzt, 18 000 Euro ungerechtfertigt in die eigene Tasche gesteckt zu haben. Die beiden Kontrahenten, seit mehr als 30 Jahren miteinander bekannt, schenkten sich nichts und boten dem spärlich vorhandenen Publikum eine regelrechte Tragikkomödie dar. Unter den Zuhörern war auch der AfD-Fraktionssprecher Bernd Klingler, um seinem Fraktionskollegen moralisch den Rücken zu stärken.

Gegenstand des Verfahrens waren diverse Mietobjekte der Firma ImmoBau, deren Geschäftsführer Rolf Jäger als Kläger auftrat. Sein ehemaliger Duzfreund Brett war zeitweilig Teilhaber der Firma und zudem juristischer Berater. Laut Klageschrift soll er in mehreren Fällen unbefugt Mietzahlungen einbehalten und mit eigenen Leistungen als Anwalt verrechnet haben. Auch der Vorwurf, er habe der ImmoBau zustehende Versicherungsleistungen aus einem Wasserschaden in mehreren Wohnungen nicht korrekt ab- und verrechnet, stand im Raum.

Richterin: „Ich glaube, wir brauchen einen Wachtmeister“

Immer wieder musste die Vorsitzende Richterin Dorothea Grämmer die beiden Kontrahenten ermahnen, ihren Furor im Zaum zu halten. „Hör’ mir auf, ich kenn’ das Spiel“, ließ Eberhard Brett seinem Emotionen freien Lauf, „Märchenstunde“ und „Bei Dir war doch jeden Tag der Gerichtsvollzieher im Haus“, schallte es ihm entgegen. Die Stimmung war zum Auftakt so gereizt, dass sich auch die beiden Rechtsanwälte der jeweiligen Seite davon mitreißen ließen. „Äffen Sie mich gefälligst nicht nach“, musste sich beispielsweise Bretts Verteidiger von der Vertreterin der ImmoBau anhören. Schließlich blieb der Richterin nichts anderes übrig als die Drohung: „Ich glaube, jetzt brauchen wir dann doch einen Wachtmeister“.

Ob Brett nun unrechtmäßig gehandelt hat oder nicht, blieb in zwei Fällen offen. Da die Vorwürfe sich auf die Jahre 2010 und 2011 bezogen, deutete die Richterin an, dass sie in diesem Fall der Sichtweise Bretts und seines Anwalts zuneige, wonach die Tatbestände verjährt seien. Anders in einem Fall aus dem Jahr 2012, bei dem Brett als damaliger Anwalt für die ImmoBau Nachzahlungen einer säumigen Mieterin einer Wohnung in Bruchsal erfolgreich vor Gericht durchgesetzt hatte. Allerdings hatte Rolf Jäger aufgrund von Streitereien Brett das Mandat entzogen. Gleichwohl soll dieser – bis dato im Besitz einer sogenannten Bezugsvollmacht – die Zahlungen nicht weitergeleitet haben. Stattdessen verrechnete Brett den Betrag mit seinem Honorar, das zwischen beiden Seiten auf 1000 Euro festgesetzt war und das er laut Angaben des Klägers und laut vorliegender Quittung bereits erhalten hatte.

Brett erklärte vor Gericht, er habe lediglich den Barempfang eines Teilbetrags von 412 Euro quittiert, keinesfalls die Gesamtforderung. Warum er anschließend einen weiteren Betrag aus Mietrückzahlungen in Höhe von 800 Euro zwar beim Amtsgericht Bruchsaal hinterlegt hatte, diesen aber bis heute offenbar nicht freigegeben hat, blieb in der Verhandlungen rätselhaft.

Keine Haftung für einen nicht wahrgenommen Gerichtstermin

Nicht haftbar gemacht werden kann Brett laut Gericht für die Tatsache, dass er einen Prozesstermin im Auftrag der ImmoBau gegen einen anderen säumigen Mieter nicht wahrgenommen hatte und dementsprechend ein Versäumnisurteil gegen die Firma ergangen war. Einen eventuell dadurch entstandenen Vermögensschaden müsse der Kläger belegen, so die Richterin.

Richterin Grämmer appellierte anschließeend noch mehrfach an die beiden Streithähne, sich doch bitte außergerichtlich zu einigen und schlug sogar „ein Treffen auf neutralem Boden mit jeweils einer Begleitperson“ vor. Doch darauf wollten sich weder Jäger noch Brett („Mir steht’s bis hier“) einlassen. Die Richterin will nun bis zum 11. Oktober einen Vergleichsvorschlag ausarbeiten, der vorsieht, dass Brett „einen Betrag X“ an den Kläger nachzahlt.

Brett erklärte im Anschluss an die Verhandlung via Pressemitteilung, der Verlauf der Verhandlung habe gezeigt, „wie unbegründet die Vorwürfe der Gegenseite sind. Die gegen mich geäußerten falschen Verdächtigungen sind haltlos.“ Dem Vergleich sehe er „positiv und gelassen entgegen“ und wolle sich „weiter mit ganzer Kraft als Stadtrat für das Wohl und die Interessen der Bürger dieser Stadt einsetzen“. Und auch der Dank an seine Fraktionskollegen im Gemeinderat dürfte nicht fehlen: „Dabei weiß ich meine Fraktionskollegen solidarisch an meiner Seite.“