Sieben LBBW-Manager sollen Risiken im Geschäftsbericht nicht richtig dargestellt haben. Foto: dpa

Von kommender Woche an stehen Ex-LBBW-Chef Jaschinski und weitere frühere Vorstände der Bank vor Gericht. Es geht um die Frage, wie Risiken in der Bilanz des in der Finanzkrise schwer gebeutelten Instituts dargestellt wurden.

Von kommender Woche an stehen Ex-LBBW-Chef Jaschinski und weitere frühere Vorstände der Bank vor Gericht. Es geht um die Frage, wie Risiken in der Bilanz des in der Finanzkrise schwer gebeutelten Instituts dargestellt wurden.

Stuttgart - Nächtelange Krisensitzungen, unerwartete Risiken, dürre Worthülsen und Anglizismen wie Asset Backed Securities. Wenn sich der ehemalige LBBW-Chef Siegfried Jaschinski und seine früheren Vorstandskollegen vom kommenden Donnerstag (6. Februar) an vor dem Landgericht Stuttgart verantworten müssen, wird das eine Rückblende in die dramatische Zeit der Finanzkrise.

Der Vorwurf: Die sieben LBBW-Manager, darunter auch der jüngst freigestellte Vorstand Michael Horn, sollen Risiken im Geschäftsbericht nicht richtig dargestellt haben. Letztlich geht es um mehr: „Das Verfahren ist ein Beispiel für die Aufarbeitung der Finanzkrise“, sagt Rechtsanwalt Sascha Kuhn, Wirtschaftsrechtsexperte bei der Kanzlei Simmons & Simmons.

Am 7. Dezember 2009 waren 240 Ermittler von Staatsanwaltschaft und Landeskriminalamt in einer großangelegten Razzia bei dem Kreditinstitut angerückt. Der Zeitpunkt kam denkbar ungelegen. Nur wenige Tage später billigte die EU Kommission milliardenschwere Hilfen. Die Eigner - Land, Sparkassen und Stadt Stuttgart - hatten das Institut 2009 mit einer Kapitalspritze von fünf Milliarden Euro und Bürgschaften von 12,7 Milliarden Euro gestützt.

Den ersten Verdacht der schweren Untreue musste Oberstaatsanwalt Hans Richter nach mehrjähriger Ermittlungsarbeit fallen lassen. Vor Gericht stehen die Bankmanager nun unter anderem, weil sie Risiken, die in den Büchern der Bank schlummerten, im Geschäftsbericht 2008 verschleiert haben sollen. Sie hätten die notwendige Kapitalspritze lediglich als für die Wettbewerbsfähigkeit vorteilhaft erscheinen lassen, so die Staatsanwaltschaft.

Die damals zuständigen Abschlussprüfer hätten „vorsätzlich zu Unrecht“ ihren Bestätigungsvermerk gesetzt, heißt es zudem. Zwei Wirtschaftsprüfer sitzen deshalb mit auf der Anklagebank. Ihr damaliger Arbeitgeber PricewaterhouseCoopers bezeichnet die Vorwürfe als „sachlich und rechtlich unbegründet“. Auch die LBBW-Manager haben die Vorwürfe stets zurückgewiesen.

Nach Einschätzung von Martin Hellmich, Professor an der Frankfurt School of Finance, ist durch die Darstellung im Geschäftsbericht kein Schaden entstanden. Der Umgang mit den Risiken scheine mit Vertretern der Bankenaufsicht diskutiert worden zu sein, sagt er. Eine vom Verwaltungsrat beauftragte Sonderuntersuchung weiterer Wirtschaftsprüfer habe das Vorgehen zudem als „berufsüblich“ eingestuft.

24 Verhandlungstage hat das Gericht angesetzt

Schuld an der schweren Schieflage sei nicht das LBBW-eigene Kreditgeschäft gewesen, sondern die 2008 mit der Übernahme der Sachsen LB eingekauften Risiken, sagt Hellmich. „Das Engagement bei der Sachsen LB war eine ökonomische Fehlentscheidung, die Schaden verursacht hat, aber nicht justiziabel ist.“

In einem weiteren Anklagepunkt sehen Experten eine damals durchaus übliche Praxis. Die LBBW hatte Zweckgesellschaften gegründet, um Geschäfte mit - wie man inzwischen weiß - risikoreichen, verbrieften Papieren abzuwickeln. Das hatte den Vorteil, dass für die Geschäfte kein Eigenkapital gebildet werden musste, mit dem Banken üblicherweise Geschäfte als Sicherheit hinterlegen müssen.

Die Staatsanwaltschaft wirft den Vorständen vor, verschleiert zu haben, dass Beherrschungsverträge bestanden hätten. Die Zweckgesellschaften hätten deshalb in den Konzernabschlüssen 2005 und 2006 auftauchen müssen, so die Anklage.

„Beim Thema Zweckgesellschaft wird eine entscheidende Frage sein, zu welcher Zeit, welches Recht gegolten hat“, sagt Wirtschaftsanwalt Kuhn. Die damals geltenden Vorschriften wurden im Jahr 2011 geändert, sagt Hellmich. „Damals entsprach das Handeln der LBBW-Manager aber der von vielen Banken durchgeführten Praxis.“

Ob sich die Manager der Risiken dennoch bewusst waren, könnte einer der Knackpunkte in dem Verfahren werden: „Die Frage ist, wie beweise ich, dass das Risiko subjektiv anders eingeschätzt wurde“, sagt Kuhn. Das Verfahren gegen zwei Mitarbeiter der LBBW, die sich in diesem Anklagepunkt wegen Beihilfe verantworten sollten, wurde laut Gericht gegen eine Geldbuße bereits eingestellt.

Hans-Peter Burghof, Professor für Bankwirtschaft an der Uni Hohenheim, glaubt: „Es war ökonomisch falsch, die Risiken aus der Bilanz zu halten.“ Rechtlich sei das aber akzeptiert worden. „Es war damals Politik, Verbriefungen zu fördern.“

24 Verhandlungstage hat das Gericht bislang einem Sprecher zufolge angesetzt. „Am Ende“, glaubt Bankenprofessor Burghof, „wird mit die Überzeugungskraft der Gutachter entscheiden, wie das Verfahren ausgeht.“ Eine Verurteilung hätte seiner Meinung nach weitreichende Folgen: „Wenn das Landgericht diese Praxis verurteilen würde, müssten alle Großbanken an den Pranger.“