Der Prozess wird am 11. Mai am Landgericht fortgesetzt. Foto: dpa/Christoph Schmidt

Im April 2022 sollen vier Männer einen 33-Jährigen in Bad Cannstatt auf offener Straße gemeinschaftlich ermordet haben – zwei der Tatverdächtigen müssen sich nun vor der 2. Große Strafkammer verantworten.

Das Tötungsdelikt hat an Ostern 2022 für großes Aufsehen in Stuttgart gesorgt: Ein 33 Jahre alter Mann wird in der Cannstatter Neckarvorstadt am helllichten Tag auf offener Straße erschossen. Er verstirbt noch vor Ort – von den Tätern fehlt zunächst jede Spur. Schnell macht das Gerücht die Runde, dass ein Drogendeal geplatzt ist, beim Prozessauftakt am Landgericht Stuttgart kommen am Montag weitere Details ans Licht. Allerdings müssen sich nur zwei der vier Verdächtigen vor der 2. Großen Strafkammer wegen des gemeinschaftlichen Mordes verantworten. Die beiden anderen Männer, die zur Tatzeit an Gründonnerstag 21 und 28 Jahre alt waren, sitzen wegen eines weiteren Kapitalverbrechens in einem Beneluxland in Untersuchungshaft. Erst wenn das dortige Strafverfahren abgeschlossen ist, erfolgt die Auslieferung nach Deutschland.

Würfelzucker statt Kokain

Laut der Staatsanwaltschaft Stuttgart sind die zwei 20 Jahre alten Angeklagten und die zwei weiteren Täter mit einem Mietwagen von Lissabon nach Bad Cannstatt gefahren, um den Abnehmer der Drogen über den Tisch zu ziehen. Von Anfang an sei klar gewesen, dass er um den Kaufpreis gebracht werden solle, so Aniello Ambrosio, der Sprecher der Staatsanwaltschaft. „Entweder durch Täuschung oder durch den Einsatz von Waffengewalt.“ Statt des Kokains sollen die vier Portugiesen, die auch in Frankreich, Belgien und Spanien polizeibekannt sind, dem Käufer ein Kilo Zucker ausgehändigt haben. Als der Geschädigte den Kaufpreis von 6480 Euro zurückgefordert habe, soll es zum Streit gekommen sein, so der Erste Staatsanwalt. Noch im Haus sei ein erster Schuss gefallen, der das spätere Opfer aber verfehlt habe.

Die Staatsanwaltschaft hat ermittelt, dass der 33-Jährige, der offenbar selbst auch dealte, Schulden bei anderen Drogenhändlern hatte, die ihn entsprechend unter Druck gesetzt haben sollen. „Daher war er auf das Geld dringend angewiesen.“ Als die Männer mit der Beute aus seiner Wohnung flüchteten, folgte er ihnen und stellte sie wenig später in der Rosenaustraße. Um sie am Wegfahren zu hindern, soll er sich in seiner Verzweiflung sogar auf die Motorhaube geworfen haben. Daraufhin sei einer der Täter, wohl keiner der beiden Angeklagten, aus dem Auto ausgestiegen, „um wie abgesprochen das Opfer zu töten“, so die Einschätzung der Staatsanwaltschaft. „Er versetzte ihm einen tiefen Messerstich in die Flanke und schoss ihm in die rechte Brust.“ Unter anderem wurde dabei die Lunge verletzt.

Staatsanwaltschaft geht von gemeinsamen Tatplan aus

Obwohl offensichtlich ist, dass nicht alle vier Männer die tödlichen Verletzungen verursacht haben können, droht ihnen die gleiche Strafe. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass sie mit einem gemeinsamen Tatplan gehandelt haben. „Aus Habgier und zur Ermöglichung einer Straftat“, so Ambrosio. Dementsprechend sei der rechtliche Tatvorwurf des gemeinschaftlichen Mordes und der gemeinschaftlichen räuberischen Erpressung für sie der gleiche. „Es kann im Rahmen der Strafzumessung aber Abstufungen geben.“

Die Angeklagten äußerten sich beim Prozessauftakt nicht zu den Vorwürfen. Fortgesetzt wird die Verhandlung am Donnerstag, 11. Mai. Weitere Termine sind bislang bis Anfang November angesetzt.