Jens Maier vor Gericht: Ein Urteil in seinem Prozess wird erst im Januar 2021 erwartet. Foto: dpa/Marijan Murat

Einem Maurer, der eine Wohnbaugenossenschaft mit Sitz in Ludwigsburg gegründet hat, wird Betrug und Insolvenzverschleppung vorgeworfen. Ein Urteil in dem Mammutprozess fällt voraussichtlich erst im kommenden Jahr.

Stuttgart/Ludwigsburg - Sie träumten vom eigenen Haus oder zumindest von einer eigenen Wohnung, am Ende standen viele Mitglieder mit leeren Händen da. Ihr Geld hatten sie der Geno Wohnbaugesellschaft mit Sitz in Ludwigsburg anvertraut, gewirtschaftet hat die Genossenschaft aber ganz und gar nicht im Sinne der Häuslebauer. Der Geno-Gründer und Ex-Vorstandschef Jens Meier muss sich deshalb seit Freitag in einem Mammutprozess vor dem Landgericht in Stuttgart verantworten. Dem 51-Jährigen, der während der Verlesung der Anklage mehrmals lächelte, wird vorgeworfen, zwischen Januar 2015 und Mai 2018 neue Mitglieder über den Zustand der Genossenschaft getäuscht und so zu Einlagen von rund 2,37 Millionen Euro veranlasst zu haben. Außerdem soll er ein Insolvenzverfahren verschleppt und Geld veruntreut haben.

Dass über 16 Jahre lang mehr als 10 000 Sparer ihr Geld der Geno EG überließen, hing auch mit dem attraktiven Versprechen zusammen. Das Modell, das die Geno als „weit überlegen“ und „revolutionär“ gegenüber herkömmlichen Finanzierungsmethoden wie zum Beispiel Baukrediten bewarb, funktionierte ähnlich wie ein Bausparvertrag. Die Genossenschaftsmitglieder zahlten regelmäßig Geld ein und sammelten so sogenannte Bereitstellungspunkte. Nach frühestens zwei Jahren durften sie dann eine Wohnung oder ein Haus der Genossenschaft beziehen, ohne für die Baukosten aufkommen zu müssen. Wer nicht im Stande war, die Gesamtsumme sofort zu bezahlen, wohnte zunächst zur Miete und konnte Haus oder Wohnung weiter abstottern. Spätestens nach 25 oder 35 Jahren – je nach Art des Vertrags – sollte die Immobilie den Mitgliedern dann gehören. Nur: Die schöne Idee funktionierte nicht, weil die Geno zuvorderst viel zu wenige Häuser bauen ließ.

Nur im Jahr 2007 schrieb die Geno schwarze Zahlen

Laut Staatsanwaltschaft schrieb das 2002 gegründete Unternehmen vom Jahr 2011 an nur noch rote Zahlen und häufte so einen Millionenberg an Schulden auf. Allein in den Jahren 2015/16 soll das Minus vier Millionen Euro betragen haben.

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Jens Maier und zwei seiner damaligen Vorstandskollegen, die gesondert verfolgt wurden, war das scheinbar egal – sie machten unbeirrt weiter und verschleppten ein Insolvenzverfahren. Es wurde erst im August 2018 eröffnet. Viel zu spät. Laut Anklage war die Geno bereits vier Jahre zuvor zahlungsfähig gewesen. Die Staatsanwaltschaft wurde 2015 auf das Unternehmen aufmerksam, weil etliche Mitglieder Anzeige erstattet hatten.

Trotz der finanziellen Schieflage brachten Meier und Co. ab Januar 2015 weitere 172 Personen dazu, über 2,37 Millionen Euro einzuzahlen. Ihre Fälle verhandelt das Landgericht nun. Sie hätten niemals die Chance auf eine Immobilie gehabt, ihr Geld sei selbst im Falle einer Kündigung verloren gewesen, sagte der Staatsanwalt.

4,21 Millionen Euro sollen verschoben worden sein

Um die Lage der Genossenschaft zu verschleiern, soll der 51-Jährige gemeinsam mit einem seiner Vorstandskollegen Gelder innerhalb des Firmenkonstrukts verschoben haben. Ab August 2015 sollen sie rund 4,21 Millionen Euro in 43 Tranchen von der Genossenschaft an die Geno AG, eine Tochtergesellschaft, die für den Vertrieb zuständig war, transferiert haben. Auch der AG stand Maier vor. Er soll auch Ende 2017 19 Immobilien in ganz Deutschland deutlich unter Wert an eine Strohmanngesellschaft verkauft haben. Der Genossenschaft seien so rund 1,35 Millionen Euro verloren gegangen.

Das Geld der Anleger soll der Maurer Jens Maier teilweise in die eigene Tasche gesteckt haben. Allein 2017 habe der Angeklagte 300 000 Euro an Bezügen kassiert, heißt es in der Anklageschrift.