Virginia Raggi will ins Rathaus von Rom. Foto: dpa

Renzis Regierung hat bei den Kommunalwahlen in Italien eine herbe Schlappe erlitten. Die Kandidatinnen der Protestpartei Fünf Sterne siegen in Rom und Turin. Virginia Raggi will erste Bürgermeisterin Roms werden.

Rom - Bei den Kommunalwahlen in Italien hat die Demokratische Partei (PD) von Ministerpräsident Matteo Renzi eine Schlappe erlitten. In Rom setzte sich die Kandidatin der Protestbewegung Fünf Sterne, Virginia Raggi, mit mehr als zwei Dritteln der Stimmen deutlich gegen den PD-Kandidaten durch. Auch in Turin trug eine Fünf-Sterne-Kandidatin den Sieg gegen die Renzi-Partei davon.

Die Protestpartei wertete die Ergebnisse als historischen Durchbruch. „Mit uns beginnt eine neue Ära“, sagte die 37-jährige Raggi noch in der Nacht zum Montag. Sie wolle die Institutionen der Hauptstadt zurück zu „Transparenz und Rechtmäßigkeit“ führen.

Knapper Renzi-Sieg in Mailand

Raggi erwähnte auch, dass sie das erste weibliche Stadtoberhaupt Roms werde - und dies „in einer Zeit, in der die Chancengleichheit oft nur ein leeres Versprechen ist“. Einen ähnlichen Ton schlug die 31 Jahre alte Fünf-Sterne-Kandidatin Chiara Appendino an, die sich in Turin mit gut 54 Prozent gegen den bisherigen Bürgermeister Piero Fassino von der PD durchsetzte. „Wir haben Geschichte geschrieben“, sagte Appendino. „Das war keine reine Protestwahl, es ging um Wandel und um Würde.“

Der 67-jährige Fassino war früher PD-Chef und Justizminister. „Rom und Turin verloren zu haben ist ein Schlag, es ist schmerzhaft“, sagte PD-Präsident Matteo Orfini der Zeitung „La Stampa“. Der Bewegung Fünf Sterne warf er vor, sich mit Kandidaten rechter oder rechtsextremer Parteien verbündet zu haben, um in der Stichwahl von deren Unterstützung zu profitieren. Orfini kündigte für Freitag ein Treffen der PD-Führung zur Analyse der Wahlergebnisse an.

Wahlbeteiligung bei etwa 50 Prozent

Einen knappen Sieg konnte Renzis Partei in der Wirtschaftsmetropole Mailand verbuchen. Dort setzte sich der frühere Direktor der Weltausstellung, Giuseppe Sala, mit 51 Prozent der Stimmen gegen den vom ehemaligen Regierungschef Silvio Berlusconi unterstützten Stefano Parisi durch. In Bologna verteidigte der bisherige PD-Bürgermeister Virginio Merola sein Amt gegen seine Herausforderin von der rassistischen Lega Nord.

In Neapel wurde der bisherige Bürgermeister und ehemalige Staatsanwalt gegen Korruption, Luigi de Magistris, mit Unterstützung eines linksliberalen Parteienbündnisses und einem Stimmenanteil von 67 Prozent wiedergewählt. Der ausgewiesene Renzi-Kritiker war in der Stichwahl gegen den Mitte-rechts-Politiker Gianni Lettieri angetreten. Die PD-Kandidatin war in Neapel in der ersten Runde ausgeschieden.

Die Fünf-Sterne-Bewegung hatte es in Mailand, Neapel und Bologna nicht in die Stichwahl geschafft. Die Wahlbeteiligung betrug nach Angaben des Innenministeriums nur etwa 50 Prozent. Dennoch wurden die Abstimmungen in Italien als wichtiger Stimmungstest für Renzi gewertet.

Fünf Sterne will größte Oppositionspartei werden

Die vor sieben Jahren von dem Starkomiker Beppe Grillo als Protestbewegung gegründete Partei Fünf Sterne erhofft sich nun einen Schub für ihre Festigung als größte Oppositionspartei. Spätestens im Juni 2018 finden in Italien Parlamentswahlen statt. Dabei will Grillos Partei von der Wechselstimmung profitieren, die nun bei den Kommunalwahlen erkennbar wurde.

Die Rechtsanwältin Raggi war in Rom als Favoritin in die Stichwahl gegen die Regierungspartei PD gegangen. Dass die politisch kaum erfahrene Quereinsteigerin den PD-Kandidaten aber mit rund 67 Prozent geradezu deklassierte, gilt als herber Schlag gegen Renzi. Raggi war bis vor wenigen Monaten so gut wie nicht bekannt. Sie versprach im Wahlkampf, den öffentlichen Nahverkehr zu fördern, zusätzliche Busspuren und das kostenlose Fahrradleihsystem wieder einzuführen sowie sich um den personellen Notstand in der Verwaltung zu kümmern.

Rom wurde zuletzt vom bisherigen Mailänder Präfekten Francesco Paolo Tronca geleitet. Der PD-Bürgermeister Ignazio Marino war Ende 2015 im Zusammenhang mit einem Spesenskandal zurückgetreten.