Thilo Sarrazin scheidet aus Bundesbank aus, in Potsdam las er aus seinem Buch.

Potsdam - Begleitet von lautstarken Protesten vor dem Start hat Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin (SPD) am Donnerstagabend in Potsdam seine bundesweite Lesereise begonnen. Im ausverkauften Nikolaisaal las der ehemalige Berliner Finanzsenator vor etwa 700 Gästen aus seinem umstrittenen Buch „Deutschland schafft sich ab“.

Das Publikum im Saal empfing den 65-Jährigen überwiegend mit Applaus, einige jubelten und begrüßten den Redner mit „Standing Ovations“. Vor dem Gebäude protestierten dagegen zahlreiche Menschen unter dem Motto Keine Toleranz gegen Rassisten gegen den Leseabend.

"Sarrazin schafft sich ab"

Mit seinen Äußerungen über Einwanderer hatte Sarrazin bundesweit Proteststürme ausgelöst. „Ich und viele meiner Kollegen haben Wut im Bauch“, sagte ein Berliner, der vor 25 Jahren als Gastarbeiter aus der Türkei nach Deutschland gekommen war und seitdem bei Siemens arbeitet. „Sarrazin schafft sich ab“ stand auf einem Transparent an der Fassade eines Nachbarhauses.

Andere Demonstranten gaben sich als Sarrazin-Befürworter zu erkennen. Darunter waren auch einige Anhänger der rechten Szene. Die Polizei erteilte ihnen Platzverweise. Weitere Zwischenfälle habe es zunächst nicht gegeben, sagte ein Polizeisprecher.

Das Ausscheiden bestätigt

Unterdessen hat der 65-jährige Sarrazin sein Ausscheiden aus der Bundesbank bestätigt. „Ich habe den Bundespräsidenten gebeten, mich mit Ablauf des 30. Septembers von meinem Amt als Bundesbankvorstand zu entbinden“, sagte er. „Der Bundesbank-Vorstand hält die gegen mich erhobenen Anwürfe, ich hätte mich gegenüber Ausländern diskriminierend geäußert und Ähnliches nicht aufrecht, sondern zieht sie zurück."

Der Bundesbank-Vorstand habe beim Bundespräsidenten seinen Antrag, ihn aus dem Amt abzuberufen, zurückgezogen. Sarrazin betonte, die Reihenfolge sei wichtig. Zunächst habe der Bundesbankvorstand seinen Vorwurf zurückgezogen, dass er Ausländer beleidigt habe. Dann habe die Bundesbank die Bitte an den Bundespräsidenten, ihn seines Amtes zu entheben, zurückgezogen. Danach habe er selbst den Bundespräsidenten gebeten, ihn zum 30. September von seinem Amt zu entbinden. „Das ist die Reihenfolge.“

"Das war für mich nicht einfach"

Er haben in den vergangenen 14 Tagen „massiven Druck“ gespürt, sagte Sarrazin. „Das war für mich nicht einfach.“ Er habe sich überlegt, ob er es sich leisten könne, sich „mit der gesamten politischen Klasse in Deutschland anzulegen“, sagte Thilo Sarrazin. „Diese Situation hält auf Dauer keiner durch.“ Jetzt könne er noch auf vielen Veranstaltungen auftreten, ohne dass man sage, der Bundesbankvorstand spreche.