Mehr als 100 Beamte sind nach Polizeiangaben bei der Räumung verletzt worden. (Symbolfoto) Foto: dpa/Federico Gambarini

Nach Polizeiangaben sind bei der Räumung der Siedlung Lützerath mehr als 100 Beamte verletzt worden. Aufseiten der Demonstranten wurde die Zahl der Verletzten seit Beginn der Polizeiaktionen auf rund 300 geschätzt.

Bei der Räumung der Siedlung Lützerath sind zahlreiche Polizisten und Demonstranten verletzt worden. Nach Polizeiangaben erlitten mehr als 100 Beamte Verletzungen. Wie viele sich dabei ohne Fremdeinwirkung verletzt haben, sei aktuell noch nicht aufgeschlüsselt, sagte ein Polizeisprecher am Montag auf Anfrage. Allein am Samstag seien mehr als 80 verletzte Polizisten gezählt worden. Demonstranten hatten an diesem Tag die Polizeiketten durchbrochen.

Die Zahl der Verletzten aufseiten der Aktivisten und Demonstranten wurde seit Beginn der Polizeiaktionen am 8. Januar auf rund 300 geschätzt. Am Samstag seien es „um die 120 Verletzte“ gewesen, sagte ein Sprecher von „Lützerath lebt“. Eine andere Sprecherin der Initiative sprach von „mindestens 90“ Verletzten am Samstag.

Gerade die Verletztenzahl zu Beginn der Polizeimaßnahmen sei nicht gut dokumentiert worden und könne nur geschätzt werden, räumte der Sprecher ein. Die Schätzung könne sich auch noch erhöhen, denn die Demonstranten seien noch aufgerufen, ihre Verletzungen nachträglich zu melden.

Ein verletzter Aktivist wollte anonym bleiben

In einem Fall habe eine Klinik die Polizei eingeschaltet, als ein verletzter Aktivist sich dort anonym habe behandeln lassen wollen. Dies habe die Meldebereitschaft nicht gerade erhöht.

Die Polizei nannte keine Zahl verletzter Demonstranten und Aktivisten. Bestätigt wurde, dass am Samstag neun Mal Demonstranten mit Rettungswagen in Krankenhäuser gebracht wurden. In Lebensgefahr habe sich aber keiner der Demonstranten befunden. Am Samstag setzten die Beamten Wasserwerfer, Schlagstöcke und Pfefferspray ein.

In einzelnen Fällen habe man von Amts wegen Strafanzeige gegen Polizisten gestellt, weil sich anhand von Videoaufnahmen der Verdacht der Körperverletzung im Amt ergeben habe, bestätigte ein Sprecher des NRW-Innenministeriums am Montag. Dabei handele es sich um übermäßigen oder in der konkreten Situation ungerechtfertigten Schlagstockeinsatz.

Beide Seiten bestätigen Wurf von Steinen und Pyrotechnik

Dass am Samstag Steine und Pyrotechnik auf Polizisten geworfen wurden, bestätigten beide Seiten. Der Sprecher von „Lützerath lebt“ dementierte aber, dass Molotow-Cocktails geflogen seien.

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hatte in einer TV-Talkshow über die Geschehnisse bei der Demonstration am Samstag gesagt: „Dann irgendwann wurde es immer enger. Und dann flogen Steine, dann flogen Molotow-Cocktails, dann flogen Raketen.“

„Die Aussage von Herrn Reul basierte auf Gesprächen mit Menschen, die vor Ort waren, sowie auf eigenen Eindrücken aus Videos und Bildern“, sagte ein Sprecher des NRW-Innenministeriums. „Möglicherweise handelt es sich auch um Pyrotechnik, die gezündet wurde. Das wird gerade geprüft. Im Verlaufe des gesamten Räumungseinsatzes wurden allerdings mehrfach Molotowcocktails von Aktivisten geworfen.“

Einer der Molotowcocktail-Werfer sitze nach einem Beschluss des Amtsgerichts Mönchengladbach seit vergangenem Donnerstag in Untersuchungshaft.