Seit Tagen wird in Hongkong demonstriert. Foto: dpa

Erneut räumt die Polizei Straßensperren im Hongkonger Geschäftsviertel beiseite. Die Demonstranten sind wütend und fragen sich, wie ernst es der Politik mit ihrer Gesprächsbereitschaft ist.

Hongkong - Die Räumung eines Hauptprotestlagers in Hongkong durch die Polizei hat den Konflikt zwischen Regierung und Demonstranten weiter geschürt.

Nur Stunden nach seinem Gesprächsangebot habe Hongkongs Regierungschef Leung Chun-ying die Polizei losgeschickt, kritisierten Mitglieder der Occupy-Bewegung in einer Mitteilung. "Das lässt an der Ernsthaftigkeit des Angebots zum Dialog zweifeln." Radikale Demonstranten kündigten als Reaktion auf die Räumung die Errichtung weiterer Barrikaden in der Innenstadt an.

Polizisten hatten in den frühen Morgenstunden die Absperrungen in dem belebten Geschäftsviertel in Mong Kok auf der Halbinsel Kowloon entfernt und die Besetzung wichtiger Verkehrsstraßen beendet. Zu größeren Zwischenfällen kam es nicht. Die Polizei ging aber nicht gegen die verbliebenen Protestlager in Admiralty und Causeway Bay auf der Insel Hongkong vor, in denen die meisten Demonstranten ausharren.

Ein Ende der bislang schwersten Krise seit mehr als zehn Jahren in Hongkong ist damit nicht in Sicht. Rund 200 Demonstranten organisierten zwischenzeitig einen Sitzstreik. Radikalere Demonstranten kündigten neue Besetzungen in der Innenstadt für die kommenden Tage an. Das Bündnis der Demonstranten appellierte jedoch, die Polizei nicht mit weiteren Aktionen zu provozieren.

Zweifel an Vermittlungsversuch von Leung

Viele Demonstranten stellten den Vermittlungsversuch durch Regierungschef Leung infrage. Die Regierung wollte ursprünglich kommende Woche mit den Protestierenden über die Wahlen im Jahr 2017 diskutieren. Der Regierungschef hatte sich zwar dialogbereit gezeigt, allerdings keine Zugeständnisse bei der zentralen Forderung der Demonstranten gemacht, die Kandidaten für die Abstimmung frei zu bestimmen. Er argumentierte, nur die Zentralregierung in Peking habe die Macht, die Rahmenbedingungen für die Wahl festzulegen.

Die Protestvereinigung sah darin eine Ausrede des Regierungschefs. "Das ist ein irreführendes Argument", hieß es weiter in der Occupy-Mitteilung. Die Regierung müsse sich auf ernst gemeinte Gespräche auf Augenhöhe einlassen, forderten die Demonstranten.

An den anderen Protestorten in Admiralty und Causeway Bay auf der Insel Hongkong campierten weiter Hunderte Anhänger der prodemokratischen Bewegung. Die Räumung war der dritte morgendliche Polizeieinsatz, um Absperrungen zu beseitigen und Straßen wieder für den Verkehr freizugeben. Den seit zwei Wochen besetzten Protestort in Mong Kok hatten Demonstranten bislang energisch verteidigt.

Die Demonstranten fordern mehr Demokratie in der chinesischen Sonderverwaltungsregion. Peking will in der ehemaligen britischen Kronkolonie zwar 2017 erstmals direkte Wahlen zulassen, verweigert aber eine freie Nominierung der Kandidaten.