Mit Wasserwerfern geht die Polizei in Istanbul gegen Demonstranten vor. Foto: dpa

Echt oder gefälscht? Die Türkei debattiert über Telefonmitschnitte, auf denen angeblich Ministerpräsident Erdogan und sein Sohn zu hören sein sollen. Regierungsgegner gehen wieder auf die Straße.

Echt oder gefälscht? Die Türkei debattiert über Telefonmitschnitte, auf denen angeblich Ministerpräsident Erdogan und sein Sohn zu hören sein sollen. Regierungsgegner gehen wieder auf die Straße.

Istanbul - In der Türkei ist es erneut zu Zusammenstößen zwischen Regierungsgegnern und der Polizei gekommen. In Istanbul, Ankara, Izmir und anderen Städten hätten am Dienstagabend mehrere hundert Menschen demonstriert, berichtete der TV-Sender CNN Türk am Mittwoch. Auf Bildern war zu sehen, wie die Polizei Tränengas und Wasserwerfer einsetzte. Demonstranten warfen Steine und zündeten Mülltonnen an. Protestierer skandierten Parolen wie „überall ist Bestechung, überall ist Korruption“.

Am Montagabend waren im Internet kompromittierende Telefonmitschnitte aufgetaucht, auf denen Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan angeblich seinen Sohn Bilal auffordert, große Geldmengen vor Korruptionsermittlungen in Sicherheit zu bringen. Erdogan wies die Aufnahmen als Fälschung zurück. Er sprach von einer Verschwörung, hinter der er den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen vermutet. Die Opposition geht dagegen davon aus, dass die Mitschnitte authentisch sind, und fordert Erdogans Rücktritt.

Korruptionsvorwürfe gegen Kabinett

Die islamisch-konservative Regierung sieht sich seit Großrazzien am 17. Dezember massiven Korruptionsvorwürfen ausgesetzt. Vier Minister mussten im Zuge der Affäre zurücktreten. Die Aufnahmen, bei denen angeblich Erdogan und sein Sohn zu hören sein sollen, stammen dem Youtube-Clip zufolge mehrheitlich ebenfalls vom 17. Dezember. Unklar ist, wer die Aufnahmen hochgeladen hat.

Regierungstreue Medien bezeichneten die Aufnahmen am Mittwoch als Fälschung. Die Zeitung „Daily Sabah“ berichtete, Erdogan sei zu den auf dem Youtube-Clip angegebenen Telefonzeiten auf Veranstaltungen gewesen und in Treffen gewesen. Anders als in dem Clip angegeben habe er sich auch nicht in Ankara, sondern in Konya aufgehalten. Die regierungskritische Zeitung „Today's Zaman“ berichtete dagegen, Toningenieure hielten die Aufnahmen für echt.

Regierungsgegner riefen für Mittwochabend zu einer Demonstration auf dem Istanbuler Taksim-Platz auf. In der Umgebung des zentralen Platzes war es zuletzt am vergangenen Samstag bei Protesten gegen das neue Internet-Gesetz zu schweren Zusammenstößen mit der Polizei gekommen. Laut dem von Präsident Abdullah Gül in der vergangenen Woche unterzeichneten Gesetz dürfen Behörden ohne vorherige richterliche Genehmigung Internetseiten sperren.