Das Bündnis zeigt, wie ein Zelt für Geflüchtete aussieht. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Das Stuttgarter Aktionsbündnis für Menschenrechte und Flucht hat in der Stadt ein besonderes Zelt aufgebaut. Verbunden war die Aktion auf dem Kronprinzplatz auch mit einer klaren Botschaft – auch an den Gemeinderat der Stadt Stuttgart.

Stuttgart - Ein Iglu aus Plane, davor Decke, Metallgeschirr, Miniteppich mit dem Logo UNHCR The UN Refugee Agency: Ein Original-Zelt des UN-Flüchtlingskommissariats steht in Stuttgart. Wie es eingesetzt wird, zeigen Bilder von Flüchtlingslagern am Bauzaun daneben.

Aufgebaut hat dies das Stuttgarter Aktionsbündnis für Menschenrechte und Flucht (SAMFT), das unter „Menschenrechte sind #unverhandelbar“ zum Weltgeflüchtetentag am 20. Juni ein zweitägiges Protestcamp auf dem Kronprinzplatz abhält. Mit Organisationen aus Stuttgart und der Region: Unter anderem sind die Seebrücken aus Böblingen, Esslingen und Stuttgart, Arbeitskreis Asyl Stuttgart, Flüchtlingsrat BW, Amnesty International und Aufstehen gegen Rassismus Stuttgart (AGR) dabei. „Wir wollen auf die miserable Lage der Menschen aufmerksam machen, die Zuflucht in der EU suchen, informieren und sensibilisieren“, so Jonas Gutknecht von der Seebrücke. Auch neun Monate nach dem Brand in Moria lebten Zehntausende Menschen unter lebensbedrohlichen Bedingungen, über 800 seien bereits in diesem Jahr im Mittelmeer gestorben.

Forderung nach sicheren Fluchtwegn

Das Bündnis fordert etwa, dass sich Baden-Württemberg für sichere Fluchtwege und staatliche Seenotrettung einsetzt, Bleibeperspektiven, Aufnahme von Geflüchteten von den EU-Außengrenzen, insbesondere den griechischen Inseln. „Das Protestcamp soll auch ein deutliches Zeichen in Richtung Gemeinderat sein, den leeren Worten endlich Taten folgen zu lassen“, so Gutknecht, auf Beschlüsse verweisend. Die Stadt Stuttgart, die sich im April 2020 zum sicheren Hafen erklärte, habe trotz gegenteiliger Behauptung die zentralen Beschlüsse nicht umgesetzt.

Wie fühlt sich Flucht an?

Welche Projekte die Bündnismitglieder umsetzen, wie es um Menschenrechte und UN-Kinderrechtskonvention steht, das war an den Ständen zu erfahren. Wie sich Flucht anfühlt, war per Virtual-Reality-Brille zu erleben. In drei Kundgebungen berichteten Geflüchtete und Helfer. Miriam von Amnesty International erzählte von den El Hiblu 3, drei Jugendlichen, die in Malta vor Gericht stehen. Im März 2019 bewegten sie den Kapitän eines Öltankers, 100 Menschen nach Malta zu bringen statt zurück nach Libyen. Und laut Rex Osa, der die Flüchtlings-Selbsthilfeorganisationen refugee4refugee mitgründete, wird seine Heimat Nigeria zunehmend gefährlich.

Lesung einer deutschen Asylanhörung

Das Auswärtige Amt warne, jedoch schiebe die Bundesregierung Menschen in das westafrikanische Land ab. Fast 53 Prozent der Asylanträge von Nigerianern seien 2020 abgelehnt worden, ergänzten Isabell, Ronja und Monphy, die Regenbogen-Community schildernd. Für homosexuelle Handlungen drohen in Nigeria bis zu 14 Jahre Gefängnis, in den nördlichen islamischen Bundesstaaten Todesstrafe. Abwechselnd lasen sie eine deutsche Asylanhörung vor. „Wann haben Sie festgestellt, dass die homosexuell sind? Sind Sie sicher, dass sie deswegen verfolgt wurden?“ Den Hass auf andere kommentiert Sadiqu Zartila aus Afghanistan: „Wer hasst, ist blind. Corona zeigt uns, wir müssen Frieden global denken.“ Er war einer der Ersten, die zum Abschluss der Kundgebung eines der etwa 100 Grablichter anzündete, um der Geflüchteten zu gedenken, die im Mittelmeer ums Leben kamen.