Mehrere hundert heiße Rote hat der Kreisbauernverband am Dienstag auf dem Göppinger Marktplatz „verschleudert“. Foto: Horst Rudel

Mit einer schmackhaften Protestaktion haben die Landwirte auch auf dem Göppinger Marktplatz auf den Preisverfall beim Schweinefleisch aufmerksam gemacht. Für zwölf Cent gab es heiße Rote – und kostenlos Informationen über das Thema.

Göppingen - Dass auf dem Göppinger Marktplatz eine Wurstbude steht, ist keine Sensation. Dass dort allerdings heiße Rote zum Preis von zwölf Cent angeboten werden, das gab es noch nie. Entsprechend groß war die Resonanz, aber auch das Erstaunen der Passanten, die sich am Dienstagmittag um den Verkaufswagen scharten. Der hiesige Kreisbauernverband hatte sich einer Protestaktion der baden-württembergischen Landwirte angeschlossen, die mit der ungewöhnlichen Maßnahme auf den Preisverfall beim Schweinefleisch aufmerksam machen wollten.

In 20 Städten im ganzen Land, darunter auch in Esslingen und in Ludwigsburg, wurden Bratwürste zum Schleuderpreis verkauft, wobei die zwölf Cent kein Fantasiegebilde darstellen, sondern ziemlich genau dem Betrag entsprechen sollen, den ein Schweinezüchter pro Wurst verdient. Hermann Färber, ebenfalls Ferkelzüchter, Chef des Göppinger Kreisbauernverbands und CDU-Bundestagsabgeordneter, konnte an der Aktion zwar nicht in seiner Heimat teilnehmen. Da in Berlin das Bündnis „Wir haben es satt!“ aber ebenfalls gegen den Preisverfall bei Milch und Fleisch demonstrierte, dürfte er seine dortige Sitzungswoche einige Zeit für den Protest unterbrochen haben.

Mit 1,25 Euro pro Kilo lassen sich die Kosten nicht decken

Vor dem Rathaus der Hohenstaufenstadt hielten am derweil rund ein Dutzend seiner Kollegen die Stellung, verkauften aber nicht nur Bratwürste, sondern informierten die Kundschaft vor allem auch über die missliche Situation, die viele Bauern in ihrer Existenz bedroht. „Mit 1,25 Euro, die wir momentan für das Kilo Schweinefleisch bekommen, lassen sich die Kosten längst nicht mehr decken“, erklärte Wolfgang Daiber. Färbers Stellvertreter, der einen Hof in Uhingen-Holzhausen umtreibt, wusste daher von einigen Betriebsschließungen auch im Stauferkreis zu berichten. Vor allem, nachdem die Laufstallhaltung gesetzlich vorgeschrieben worden sei, hätten viele aufgegeben, sagte Daiber.

„Die Investitionen, die dafür notwendig waren, konnten und wollten viele Landwirte angesichts der schlechten Ertragslage einfach nicht stemmen“, ergänzte Heinrich Rothfuß, der in Wiesensteig einen Schweinemastbetrieb besitzt. Dass die Politik steuernd eingreifen und für Abhilfe sorgen könnte, glaubt Rothfuß indes nicht. „Wir müssen auf ein Umdenken bei den Verbrauchern bauen und diese aufklären, warum es sich lohnt, auf Qualität zu setzen, die wir als kleinere regionale Erzeuger, wenn auch zu einem etwas höheren Preis, bieten können“, betonte er. Wie das gelingen kann, erläuterte Wolfgang Daiber: „Wir müssen viel reden, die Kinder auf unsere Höfe holen und den Leuten die Produktionsabläufe zeigen, damit sie ein Verständnis dafür entwickeln.“

Zwischen „peinlich“ und Schnäppchenjagd

Wie weit es damit bereits her ist, muss nach der Aktion in Göppingen offen bleiben. Denn während Josef Bunth aus Gammelshausen für seine Wurst deutlich mehr bezahlt hat, „weil mir das mit den zwölf Cent echt peinlich war“, hat ein anderer Zeitgenosse gnadenlos zugeschlagen. Der Mann, der seinen Namen – vielleicht verständlicherweise – nicht nennen wollte, hat sich für seine heiße Rote nicht nur auf 20 Cent rausgeben lassen, sondern gleich noch zehn kalte Würste zum Schnäppchenpreis mit nach Hause genommen. Die Wartenden in der Schlange, darunter Sylvia Reik aus Bartenbach, zeigten dafür absolut kein Verständnis: „Das ist doch absolut unmöglich. Aber genau wegen solcher Menschen ist es ja allerhöchste Zeit für einen solchen Protesttag“, schimpfte sie.