Die Uni Hohenheim dringt darauf, Tiere auch in der Lehre zu Versuchszwecken verwenden zu dürfen. Foto: dpa/Uwe Anspach

Der Universitätsrat warnt den Landtag vor negativen Folgen für die Hochschulausbildung, wenn Tierversuche in der Lehre vollständig gestoppt werden. Das Hochschulgremium schlägt eine „Güterabwägung“ vor.

Stuttgart - Der vollständige Verzicht auf getötete Tiere in der wissenschaftlichen Lehre hat nach Ansicht der Universität Hohenheim dramatisch negative Auswirkungen auf die Qualität von Ausbildung und Wissenschaft. Davor warnt jetzt die Vorsitzende des Universitätsrates, Annette Beck-Sickinger, in einer Stellungnahme an den Landtag und die Landesregierung zur geplanten Hochschulrechtsreform.

Das elfköpfige Gremium, das die Universität strategisch berät, wendet sich insbesondere gegen den geplanten Paragrafen 30a des sogenannten Hochschulrechtsänderungsgesetzes. Darin heißt es unter anderem: „In der Lehre soll auf die Verwendung von hierfür getöteten Tieren verzichtet werden, sofern wissenschaftlich gleichwertige Lehrmethoden und -materialien zur Verfügung stehen oder die mit dem Studium bezweckte Berufsbefähigung dies zulässt.“ Studiengänge seien so zu gestalten, „dass Tiere zur Einübung von Fertigkeiten und zur Veranschaulichung von biologischen, chemischen und physikalischen Vorgängen nicht verwendet werden, soweit wissenschaftlich gleichwertige Methoden zur Verfügung stehen“.

„Direktes Anschauungsmaterial“

Diese Vorgaben beabsichtigten „eine nahezu komplette Aufgabe der Verwendung von Tieren in Wissenschaft und Lehre“, schreibt Annette Beck-Sickinger, die einen Lehrstuhl für Biochemie und Bioorganische Chemie an der Universität Leipzig hat. Die geplante Gesetzesreform laufe dem Ziel der Achtung und des Schutzes der Tiere „direkt zuwider“. Der Universitätsrat habe deshalb große Sorge, dass dieser Paragraf „zu einer weit reichenden und nicht hinnehmbaren Beschränkung der Freiheit von Forschung und Lehre“ führe und die Qualität der baden-württembergischen Hochschulausbildung „nachhaltig negativ“ beeinflussen werde.

Statt dessen schlägt der Universitätsrat die Formulierung vor, dass in der Lehre für die Verwendung von hierfür getöteten Tieren eine „ethische Güterabwägung“ zwischen dem Tierwohl und der notwendigen Ausbildung der Fachexpertise in den lebenswissenschaftlichen Studiengängen vorgenommen werden soll. Dabei seien die drei Prinzipien zu beachten, wonach Tierversuche durch Alternativen ersetzt, die Zahl der Versuchstiere begrenzt und die Belastung der Tiere auf ein unerlässliches Maß verringert werden soll.

Landtags-CDU teilt Bedenken

Studierende der naturwissenschaftlichen und agrarwissenschaftlichen Studiengänge könnten nur dann eine tief greifende Kenntnis von Morphologie, Anatomie, Physiologie und Ökologie von Organismen erhalten, wenn sie während des Studiums „auch ein direktes Anschauungsmaterial von Tieren erhalten“, heißt es. Der Universitätsrat hat die Stellungnahme an die Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne), die Vorsitzenden der Landtagsfraktionen, an Ministerpräsident Winfried Kretschmann sowie Wissenschaftsministerin Theresia Bauer geschickt (beide Grüne).

Die CDU-Landtagsfraktion teilt die Bedenken der Universität Hohenheim. „Ich habe das Wissenschaftsministerium gebeten, die Novelle in dem Punkt im Sinne der Freiheit von Wissenschaft und Forschung noch zu verbessern, am 25.11. wäre dazu im Wissenschaftsausschuss die Gelegenheit“, sagte die wissenschaftspolitische Sprecherin, Marion Gentges.