Anfang Oktober hatten in Berlin vor dem Familienministerium Prostituierte gegen die geplanten Neuerungen des Prostitutionsgesetzes demonstriert. Foto: dpa

Schweden war das erste Land, das ein Sexkaufverbot erlassen hat. Mit Erfolg, wie Justizkanzlerin Anna Skarhed am Mittwoch in Stuttgart berichtet. Sozialministerin Altpeter fordert auch für Deutschland ein Verbot der Prostitution nach schwedischem Vorbild.

Stuttgart - Parkplatzprobleme vor Bordellen sollten nicht das Thema sein, wenn über Prostitution gesprochen wird. Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD) will die Gesundheit und die Würde der Frauen im Vordergrund der Debatte wissen.

Ob sie zufrieden sei mit den geplanten Regelungen im neuen Prostituiertenschutzgesetz, das noch in diesem Jahr vom Bund verabschiedet werden soll? Vorgesehen sind unter anderem Anmeldepflichten für Prostituierte und eine Kondompflicht. „Natürlich nicht“, sagte Altpeter am Mittwoch bei einer Veranstaltung ihres Ministeriums, die sich mit dem schwedischen Modell beschäftigte. Dort ist die Prostitution seit 1999 per Gesetz verboten. Bestraft wird der Freier, nicht die Prostituierte. Es drohen Geld- und Gefängnisstrafen – nach der jüngsten Verschärfung des Gesetzes von bis zu einem Jahr.

Die Kunden als Wurzel des Problems

Ein Modell, das sich Altpeter auch für Deutschland, wenn nicht für ganz Europa wünscht. „Der Fokus des schwedischen Gesetzes liegt auf dem Kunden als der Wurzel des Problems“, erklärt Anna Skarhed, die schwedische Justizkanzlerin. Wenn es keine Nachfrage gebe, gebe es auch keine Prostitution, so Skarhed am Mittwoch in Stuttgart. „Das ist der richtige Weg“, findet Altpeter.

Derzeit steht ein Sexkaufverbot in Deutschland allerdings nicht auf der politischen Agenda. Gerade wird in Berlin über die Neuregelung des 2002 von der damaligen rot-grünen Bundesregierung eingeführten Prostitutionsgesetzes verhandelt. Das Gesetz war damals geschaffen worden, um Menschen, die freiwillig in der Prostitution tätig sind, mehr Schutz zu bieten und sie aus der Sittenwidrigkeit herauszuholen. Kritiker des Gesetzes monieren, dass es lediglich Deutschland zum Bordell Europas gemacht und dem Menschenhandel Tür und Tor geöffnet habe. „Woche für Woche überfallen uns Feierwütige aus aller Welt, die ihren Trieben hier nachgehen wollen“, sagt Altpeter. Die glückliche Hure? „Ein Mythos“, sind sich Ministerin Altpeter und die schwedische Justizkanzlerin Skarhed einig.

Sie begrüße zwar die Überarbeitung des Prostitutionsgesetzes, so Altpeter. „Aber es kann nur der erste Schritt sein.“ Ein Verbot, wie in Schweden, sieht die SPD-Politikerin als beste Lösung. Sie weiß aber auch, dass sie dafür derzeit keine Mehrheiten finden wird. Auch nicht in der eigenen Partei. Kritiker des schwedischen Modells führen an, dass ein Verbot der Prostitution es schwieriger mache, Menschen zu erreichen, die Hilfe benötigen. Außerdem werde die Prostitution dadurch im Geheimen betrieben, was die Risiken für die Frauen nur erhöhen würde.

70 Prozent der Schweden stehen hinter dem Verbot

Auch in Schweden habe es im Vorfeld solche Ängste gegeben, so Skarhed. 1996 seien 67 Prozent dagegen gewesen, die Prostitution zu kriminalisieren. Heute stünden 70 Prozent der Bevölkerung hinter dem Sexkaufverbot. Das Fazit der Schwedin nach mehr als 15 Jahren nach der Einführung des Gesetzes: Die Zahl der Kunden ist zurückgegangen, wodurch das Geschäft für Zuhälter und Bordellbetreiber weniger profitabel geworden sei. Was sie an der Debatte in Deutschland störe: „Sie fokussieren sich in der Diskussion auf die Frauen – aber die Nachfrage ist das Problem.“

Der wichtigste Effekt, der in Schweden zu beobachten sei: Das Gesetz habe ein gesellschaftliches Umdenken bewirkt. „1996 gaben in einer Umfrage noch 13 Prozent der Befragten an, schon einmal Sex gekauft zu haben. 2008 waren es noch acht Prozent.“ Berichte, die Altpeter ermuntern weiterzukämpfen, wie sie sagt. „Zufrieden können wir aber erst sein, wenn wir hier schwedische Verhältnisse haben.“