Noch hat das Prostituiertenschutzgesetz wenig geändert am Geschäft mit dem Sex. Foto: Mauritius

Das neue Prostituiertenschutzgesetz zeitigt erste Folgen: 23 Betreibern von Rotlichtbetrieben hat die Stadt die Genehmigung versagt. Und die ersten Bußgelder wegen Verstoßes gegen die Kondompflicht sind ergangen.

Stuttgart - Das seit Sommer 2017 geltende Prostituiertenschutzgesetz wird in Stuttgart inzwischen strenger umgesetzt. Von den rund 140 Rotlichtbetrieben, welche die Polizei 2017 registriert hatte, darunter Laufhäuser, Bordelle und Modellwohnungen, habe man 95 kontrolliert, sagt Albrecht Stadler, Abteilungsleiter beim Ordnungsamt. Das sind mehr als die 76, die bei der Stadt einen Antrag auf eine Betriebserlaubnis eingereicht haben.

Die Chancen der Betreiber, nach dem neuen Gesetz eine Betriebsgenehmigung zu bekommen, sind in Stuttgart nicht sehr groß, das zeigen die bisherigen Bescheide: 23 Anträge wurden schon abgelehnt. „Wir haben keine Erlaubnis erteilt“, so Stadler. Was nicht heißt, dass in den Häusern oder Wohnungen sogleich das rote Licht ausgeht. In 20 Fällen wurde Widerspruch eingelegt. Die Stadt verzichtet, von Ausnahmen abgesehen, auf den Sofortvollzug, um Schadenersatzansprüche zu vermeiden. Die eingelegten Rechtsmittel gegen die Schließungen haben somit aufschiebende Wirkung. Die juristischen Auseinandersetzungen können sich Jahre hinziehen.

Zwei Sexwohnungen müssen schließen

Nur in zwei Fällen hat die Stadt die Nutzung mit sofortiger Wirkung untersagt. Für die Wohnungen in Bad Cannstatt und im SI-Zentrum in Möhringen, die von Escort-Diensten als Sexabsteigen genutzt werden, seien weder Anträge für eine Genehmigung gestellt worden, noch hätten die Mieter Anstalten gemacht, ein nun obligatorisches Notrufsystem einzubauen, sagt der Abteilungsleiter. Stadler: „Die Mängel waren so gravierend, dass wir handeln mussten.“

Zumeist wurden die Anträge abgelehnt, weil die Etablissements baurechtlich nicht genehmigungsfähig seien, zum Beispiel weil sie in einem Bereich liegen, in dem diese Nutzung nach der Vergnügungsstättensatzung gar nicht zulässig ist. Dazu kämen oft noch andere Mängel. In zwei Fällen habe man eine Genehmigung auch wegen der Unzuverlässigkeit des Betreibers versagt. So wird inzwischen geprüft, ob Betreiber etwa Steuerschulden haben oder schon einmal zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden sind.

500 Frauen schaffen jeden Tag an

Auch die etwa 500 jeden Tag in Stuttgart tätigen Prostituierten, die sich nun zwei Beratungen unterziehen müssen, um die vorgeschriebene Anmeldung zu bekommen, werden nun etwas strenger kontrolliert. Man sei zwar noch immer „niederschwellig unterwegs“, sagt Steffen Magewski, der Leiter des Arbeitsbereichs Prostitution bei der Polizei. „Wir wollen die Frauen ja nicht gängeln.“ Aber wenn diese sich nach wiederholter Aufforderung nicht um eine Anmeldung kümmern, müssen sie mit einem Bußgeld rechnen. Die meisten Frauen hätten zwar eine Anmeldung oder eine Bescheinigung, dass sie zur Beratung angemeldet sind, so Magewski. Zehn Verstöße gegen die Meldepflicht hat die Polizei in diesem Jahr aber angezeigt, gegen Prostituierte, teils aber auch gegen Bordellbetreiber, welche die ordnungsgemäße Anmeldung der Frauen prüfen müssen.

Mittlerweile kann das Ordnungsamt eine kleine Liste von verhängten Bußgeldern vorlegen. So hat die Polizei im vergangenen Jahr vier und in diesem Jahr zwei Verstöße gegen die Kondompflicht registriert. Die Männer hatten das Kondom während des Geschlechtsakts einfach wieder abgezogen. In der Folge hat die Stadt bisher drei Bußgelder gegen Freier verhängt. Das kostet pro Nase 1000 Euro. Wegen der fehlenden Anmeldebestätigung von Prostituierten sind in sechs Fällen Bußgeldbescheide von jeweils 500 Euro ergangen.

Wegen mangelnder Erlaubnis und auch nicht gestelltem Antrag darauf hat die Stadt überdies gegen drei Rotlichtbetreiber Bußgelder von 1000 Euro verhängt. Und vier weitere müssen 1000 Euro bezahlen, weil sie nach wiederholter Aufforderung nicht einmal die Mindestanforderung des neuen Gesetzes wie die Einrichtung eines Notrufsystems erfüllt hatten. Der fehlende Hinweis auf die Kondompflicht kostet einen Rotlichtbetreiber 500 Euro.

Werbung nur noch mit Handynummer

Zurückgegangen ist in den vergangenen Jahren nach regelmäßigen Kontrollen die Zahl der Straßenprostituierten in der Stadt. Im Leonhardsviertel waren es nach der Statistik von 2017 im Schnitt noch 15 Frauen, die dort oder an anderer Stelle im zwischen der Karlshöhe und der Wilhelma längs im Kessel verlaufenden Sperrbezirk beim Anschaffen angetroffen wurden. Sie müssen ebenfalls mit einem Bußgeld rechnen. Im Vorjahr waren das 43 Frauen, die dafür 180 Euro berappen mussten (beim zweiten Verstoß 300, beim dritten 500). Das gilt auch für Freier, die Frauen in diesem Bereich ansprechen. In 2018 mussten deshalb 21 Männer Bußgeld zahlen, in diesem Jahr waren es bisher zwei.

Eine interessante Beobachtung hat die Polizei bei ihrer Arbeit in den vergangenen Monaten gemacht. So gebe es einige Beispiele, dass Frauen ihre Sexdienste im Netz nicht mehr wie bisher offen mit der Angabe der Wohnung machen, sondern anonym nur noch mit Handynummer, erzählt Steffen Magewski. Damit sollen offenbar der Zwang zur Anmeldung der Frauen und die Auflagen für die Rotlichtbetriebe umgangen werden. Man habe jüngst zwei für diesen Zweck neu angemietete Wohnungen aufgespürt.

Magewski kann sich vorstellen, dass dies zunehmen wird, je mehr und je größere Etablissements geschlossen werden. Bis jetzt hätten in der Folge des neuen Gesetzes in Stuttgart nur ein paar kleine Einrichtungen oder Wohnungen zugemacht. Sollte diese anonyme Vorgehensweise zu einem Trend werden, würde das nicht nur die Ermittlungsarbeit der Polizei erschweren, sondern auch die Sozialarbeit von Hilfeträgern, fürchtet der Leiter des Arbeitsbereichs Prostitution bei der Polizei.