Die Adresse an der Olgastraße „ist stadtbekannt“, wirbt ein Makler. Zumindest ist sie unter Freiern bekannt. Foto: Screenshot

Ein Haus im Sperrgebiet wird im Sinne eines Bordells betrieben. Die Behörden sind machtlos, denn was im Schlafzimmer geschieht, ob gegen Geld oder kostenlos, geht den Staat nichts an.

S-Mitte - Abgesehen vom Rechtschreibfehler ist das Angebot unmissverständlich: „Versetzen Sie Ihre Kunden in Extase in diesem tollen Ambiente.“ Mit diesem Satz in Maklerlyrik bewirbt ein durchaus renommierter Immobilienvermittler ein „Erotik-Appartement in zentraler Lage“ – inklusive Kochnische und Balkon. Bebildert ist das Inserat statt mit einem Foto von jenem Appartement mit dem Gemälde einer Barbusigen.

Aus rechtlicher Sicht ist das Angebot in mehrfacher Hinsicht fragwürdig. 800 Euro soll die am ekstatischen Kunden interessierte Dame für 25 Quadratmeter Wohnfläche bezahlen, macht 32 Euro Miete pro Quadratmeter. Die Grenze, an der Mietwucher beginnt, liegt bei 150 Prozent der ortsüblichen Miete. Die Adresse, an der jenes Appartement einer einschlägig beschäftigten Mieterin harrt, ist die Olgastraße. Die ist zwar „stadtbekannt“ – so wirbt ein zweites Maklerbüro für das selbe Appartement, interessanterweise mit einem Mietpreis von 1000 Euro. Ungeachtet jener Bekanntheit ist die Olgastraße Sperrgebiet.

Die Behörden fühlen sich machtlos

Nicht nur eine Wohnung wird in jenem Haus zum Zweck vermietet, dass sich in ihr Frauen an Männer verkaufen. In ihm leben zwar auch Mieter, die ihr Geld abseits des Rotlichtgewerbes verdienen, trotzdem ist die Adresse zwar nicht unbedingt stadtbekannt, aber in bestimmten Kreisen. Im Internet werben die dort ansässigen Damen für ihre Dienste, und Freier, die jene Dienste in Anspruch genommen haben, bewerten deren Leistungen.

Im Rathaus und bei der Polizei ist die Adresse ebenfalls bekannt. Allerdings fühlen sich die Behörden machtlos. „Prostitution ist nur im öffentlichen Raum verboten“, sagt Thomas Geiger von der Pressestelle der Polizei. Obwohl dort mehrere Huren anschaffen, gilt das Haus nicht als Bordell, sondern jede Wohnung als einzelne Terminwohnung. Damit „läuft das unter Wohnungsprostitution“, sagt Geiger. Die ist legal. Selbst die Nachbarn, die ihre Wohnungen tatsächlich nur zum Wohnen nutzen, hätten keine rechtliche Handhabe, gegen den Betrieb vorzugehen, sofern sie es wollten. Schon vor Jahren hat ein Berliner Gericht festgestellt, dass das Sexgewerbe als nicht störend einzustufen sei – nach einem richterlichen Hörtest in der Nachbarwohnung bei laufendem Betrieb.

Was im Schlafzimmer geschieht, geht den Staat nichts an

Die zweite Instanz, die einen Prostitutionsbetrieb verbieten könnte, ist das Baurechtsamt. Dort gilt allerdings: Jener Bau ist als Wohnhaus angemeldet. Die Damen, die ihre Dienste anbieten, „haben dort alle ihren Wohnsitz“, sagt Rainer Grund, der stellvertretende Amtsleiter, „das überprüfen wir“. Mithin gilt wiederum: Was im Schlafzimmer geschieht, gleich, ob gegen Geld oder kostenlos, geht den Staat nichts an. Erst „wenn die Wohnnutzung deutlich zurücktritt“, sagt Grund, könnte von Amts wegen eingeschritten werden. Bleibt die Frage nach dem Mietwucher. Wer aus rechtlicher Sicht gegen die guten Sitten verstößt, indem er drastisch überhöhte Wohnungspreise verlangt, kann mit Geld- oder sogar Haftstrafe belegt werden.

Allerdings hat der Bundesgerichtshof die entsprechenden Paragrafen in den vergangenen Jahren derart zusammengestrichen, dass die Mietervereine sie für unwirksam halten. Zumindest im Fall Olga-straße „kann ich keine Straftat erkennen“, sagt Claudia Krauth, die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Stuttgart. Dennoch könnte der Fall vor Gericht verhandelt werden, was aber unwahrscheinlich scheint: Eine der Mieterinnen müsste klagen.