Prostitution in Frankreich (hier in Lyon) Seit einem halben Jahr können Freier mit Geldbußen belegt werden. Foto: AFP

Eine südfranzösische Stadt macht Ernst mit dem Anti-Prostitutionsgesetz. Anderswo schaut man lieber weg. Und im Internet boomt das Sexgeschäft wie eh und je.

Narbonne - Gut gemeint, aber leider nicht wirklich praxistauglich. Die Reaktionen französischer Polizeisprecher auf das vor einem halben Jahr verabschiedete „Gesetz zum Kampf gegen das System der Prostitution“, das Geldstrafen für Freier vorsieht, hatten bereits von tiefer Skepsis gezeugt. Die Neigung, „sich in Parks oder Toilettenhäuschen zu verstecken, um Sexgeschäfte auffliegen zu lassen und auf frischer Tat ertappte Kunden zur Kasse zu bitten“, wie es ein Polizeigewerkschafter formulierte, war in der Folgezeit auf alle Fälle äußerst gering.

Was die Väter und vor allem Mütter des Gesetzes in der Nationalversammlung Anfang April als „großen Augenblick für die Opfer der Prostitution“ gepriesen hatten, hat strafrechtlich bisher wenig Großes bewirkt. Insgesamt 249 Freier sind belangt worden. Angesichts der geschätzt rund 30 000 Prostituierten im Lande ist es mit der vielfach beschworenen Eindämmung der Zuhälterei also nicht weit her. Dabei gibt es durchaus Polizisten, die den Auftrag des Gesetzgebers ernstnehmen und zur Tat schreiten.

Die Gendarmen postieren sich in einschlägigen Parkbuchten

„Geht doch“, hat Christophe Galtier, Gendarmerie-Chef im südfranzösischen Narbonne, kürzlich stolz verkündet. Von Juni bis September hatten seine Leute den Kauf sexueller Dienstleistungen konsequent zu ahnden versucht und insgesamt 42 Geldstrafen verhängt – 17 Prozent der landesweit ausgesprochenen Sanktionen sind das. An den Durchgangsstraßen Richtung Béziers im Osten sowie nach Lézignan im Westen und Fitou im Süden, wo Prostituierte in Parkbuchten ihre Dienste anbieten, pflegen sich die Beamten zu postieren. Wenn sich einer Frau eine Wagentür öffnet und sie Anstalten macht, einzusteigen, schreiten sie ein. Die zur Kasse Gebetenen, allesamt Männer, hätten widerspruchslos gezahlt, erzählt Galtier. Die Aussicht, andernfalls daheim womöglich in Anwesenheit der Partnerin einen Strafbefehl wegen Verstoßes gegen das Anti-Prostitutionsgesetz ausgehändigt zu bekommen, dürfte die Zahlungsbereitschaft der zur Rede Gestellten entscheidend fördern, glaubt der Gendarmerie-Chef.

Den gesetzlichen Rahmen von bis zu 1500 Euro bei Ersttätern schöpft die für die Strafbemessung zuständige Staatsanwaltschaft des Ortes in der Regel nicht aus. Meist lässt sie es bei Bußgeldern zwischen 200 und 500 Euro bewenden und wahrt im Übrigen Diskretion. „Wir wollen nicht Paare entzweien und Familien zerstören“, stellt Galtier klar.

Im Internet boomt das Sexgeschäft

Anderswo schauen die Ordnungshüter indes nicht diskret zu Werke, sie schauen entschlossen weg. In Lyon etwa ist bisher kein einziger Freier belangt worden. Der Nachweis, dass es zum Sexualverkehr gekommen und dieser auch noch erkauft worden sei, lasse sich kaum erbringen, heißt es dort.

Im Internet boomt das Sexgeschäft derweil. Die Frauenrechtsorganisation Nid hat die frustrierende Erfahrung gemacht, dass die Nachfrage nach Callgirls ungebrochen ist. Die Organisation hatte probehalber eine „Girls of Paradise“ verheißende Seite ins Internet gestellt. Eine Woge von 4000 Chats und 600 Anrufen war die Folge.

Anstatt der erhofften Gespielin meldete sich am Telefon eine Nid-Mitarbeiterin, die den Interessenten wissen ließ, dass „Inès tot ist, weil der Zuhälter sie von einer Brücke geworfen hat“ und auch „Julia nicht mehr lebt, weil sie von einem Freier mit einem Schlagring umgebracht wurde“. Viele Anrufer hätten sich schockiert gezeigt und das Gespräch gesucht, erzählt Nid-Sprecherin Claire Quidet, ohne dass die Einsicht in die Not der Opfer der Prostitution freilich ein grundsätzliches Umdenken nach sich gezogen hätte. Das Mitgefühl, berichtet sie, sei früher oder später dem Verlangen gewichen, dann eben ein anderes Mädchen zugeteilt zu bekommen.