Das Gesetz für rund 26 000 Prostituierte im Südwesten tritt am 1. November in Kraft. Foto: dpa

Hat das Land beim Prostituiertenschutzgesetz die Rechnung ohne den Wirt gemacht? Die Landkreise, die die Neuregelung umsetzen müssen, beantworten dies mit einem deutlichen Ja. Sie fürchten, auf Kosten sitzen zu bleiben.

Stuttgart - Die neuen Landesregelungen zum Schutz Prostituierter sind aus Sicht des Landkreistages ein Sparmodell. „Der Akzent liegt eher beim Sparen als beim Schutz der Prostituierten“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Landkreistages, Alexis von Komorowski, der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Das Sozialministerium habe sich vom Finanzministerium bei der Berechnung der Kosten auf aus seiner Sicht nicht auskömmliche Summen drücken lassen. Das Gesetz wird an diesem Mittwoch aller Voraussicht nach vom Landtag verabschiedet.

Das Gesetz für rund 26 000 Prostituierte im Südwesten regelt die Ausführung eines Bundesgesetzes, das bereits seit Juli 2017 gilt. Es tritt am 1. November in Kraft. Für die Umsetzung stellt das Land den Kommunen insgesamt 3,83 Millionen Euro in 2018 und 2,99 Millionen Euro in 2019 sowie 3 Millionen Euro im Jahr 2020 bereit.

Dabei handelt es sich um Personalausgaben und Sachmittel. In den ursprünglichen Berechnungen seien der Kommunalverband und das Sozialministerium auf doppelt so hohe Kosten für Anmeldung, allgemeine Beratung und Gesundheitsberatung gekommen. Das Ressort von Manne Luche (Grüne) sei wohl vom Finanzministerium zurückgepfiffen worden.

Auch die Beratungszeiten seien zu knapp

Die Regelung sieht unter anderem eine persönliche Anmeldepflicht für Sexarbeiterinnen vor sowie ihre Registrierung inklusive eines entsprechenden Ausweises; und es verpflichtet sie zu regelmäßiger gesundheitlicher Beratung. Freier müssen demnach künftig Kondome benutzen, und Bordellbetreiber müssen eine Erlaubnis der zuständigen Behörde beantragen, damit menschenunwürdige Zustände vermieden werden.

Die Kalkulation des Landes basiert aus Sicht des Landkreistages auf zu knappen Beratungszeiten. Für ein Beratungsgespräch samt Anmeldung seien 35 Minuten zu wenig; das gelte auch für die Gesundheitsuntersuchung von 45 Minuten. „Da kann man kaum ein Vertrauensverhältnis aufbauen“, sagte der Verbandsvertreter. Bedauerlich sei auch, dass keine Mittel für Dolmetscherdienste vorgesehen seien, obwohl 80 bis 90 Prozent der Prostituierten nicht gut Deutsch sprächen.