Hat sein Tinder-Profil gelöscht: Model Dominik Bruntner, der Mister Germany von 2017. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Dominik Bruntner, der Mister Germany, hat sein Profil bei Tinder gelöscht – uns hat er verraten, warum. Autor Robin K. Bieber hat seine Erlebnisse mit Dating-Apps in einem Film verarbeitet. Warum ist Stuttgart deutsche Tinder-Hauptstadt?

Stuttgart - Selbst wer von Tinder wenig weiß, von der seit 2012 weltweit ausgeübten Art, via Netz zu baggern, weiß meist doch, dass gewischt wird mit dieser App. Auf dem Handy kann man Frauen oder Männer nach links für immer weg - oder nach rechts zu den Auserwählten rüberwischen, die man daten will. Frl. Wommy Wonder, als Putzfrau Elfriede Schäufele ein Star des schwäbischen Faschings, versteht gut, warum Stuttgart Spitzenreiter im Städtevergleich von Tinder ist: „Mit Wischen hat der Schwabe ja ausreichend Erfahrung bei der Kehrwoche.“

Mit der Wischerei können mögliche Partner abgelehnt oder bestätigt werden. Wenn zwei übereinstimmen, wird ihnen ein „Match“ angezeigt – erst dann kann man Kontakt aufnehmen.

Viele nutzen die Dating-App auf der Dienstreise

Selbst der schönste Mann Deutschlands hat bei Tinder sein Glück versucht. „Das war so ein Zeitvertreib“, sagt Model Dominik Bruntner, der Mister Germany von 2017 aus Göppingen, „wenn man abends auf dem Sofa sitzt, schaut man durch, was sich da so tut.“ Über „lange Zeit“ sei er dabei gewesen. „Das ist sehr oberflächlich, es geht um Einmaliges“, berichtet der 25-Jährige, „Tinder wird ganz klar als Sex-Date gehandhabt.“ Aus seinem Umfeld kenne er keinen, der über die Plattform seine Traumfrau kennen gelernt hat. Bruntner ist Single und hat nun sein Profil bei Tinder gelöscht. „Ich möchte eine Frau lieber im analogen Leben treffen – das hält länger“, sagt er.

Musicalsänger Peter Anders hat eine Erklärung dafür, warum es in Stuttgart mehr Tinder-Kunden als in Frankfurt (Platz zwei) und Berlin (Platz drei) gibt: „Im wirtschaftlichen Musterland wird g’schafft! Da bleibt wenig Zeit für Liebe. Und wenn, muss es schnell und knackig gehen.“ Selbst ist Anders „nur noch sporadisch“ dabei. Viele würden auf Dienstreise auf diese Weise „zu unkomplizierten Kontakten kommen“. Wisch und weg! Nach dem Treff sind sie schnell weg und reisen weiter.

„Tinder macht süchtig“

Chris Fleischhauer, seit fünf Jahren „Lottofee“, erklärt das Tinder-Städteranking so: „Stuttgart ist ein Dorf. Deswegen kennen sich alle einheimischen Tinder-Nutzer schon. Da unsere Stadt viele Touristen anzieht, werden an die kräftig Likes verteilt.“ Entertainer Roland Baisch wundert sich über den Spitzenplatz bei Kultur und Tinder nicht: „Stuttgart ist relativ reich, da hat man Zeit für Kultur und Dates.“

In Deutschland sollen neun Millionen Menschen bei Tinder sein. Die App kann man kostenlos herunterladen. Angeblich kommen auf sechs Männer vier Frauen. „Tinder macht süchtig“, warnt einer, der anonym bleiben will, „durch den nie abreißenden Strom an möglichen Dates willst du immer weiter wissen, ob sich nicht noch ein besserer Typ findet.“ Obendrein diene die App zur Selbstbestätigung: Wenn viele Matches aufploppen, fühle man sich super. Niemals sollte man glauben, so ein weiterer Nutzer, was in Profilen steht. „Viele Frauen schreiben, kein ONS, kein One-Night-Stand“, sagt er. Aus Erfahrung wisse er, dass dies nicht stimme.

Stuttgarter dreht den Film „Wake Up Call“

Warum Tinder in Stuttgart Superzahlen einfährt? Filmproduzent Robin K. Bieber kennt einen Grund dafür: „Ganz klar, in der Hauptstadt der Schwaben spart man sich damit das teure Candle-Light-Dinner.“ Eigene Erfahrungen mit Dating-Apps hat er in seinem Film „Wake Up Call“ verarbeitet, den er in Stuttgart, Berlin und Monte Carlo mit Schauspielstars wie Tim Wilde, Charles Rettinghaus (deutsche Stimme von Jamie Foxx) und Stefan Bockelmann bis Ende vergangener Woche gedreht hat. In dem Film, der drei Lebensgeschichten zusammenführt, verliebt sich eine Frau über eine Dating-App. Amors Pfeil schlägt bei einem Schönen ein, der vorgibt, ein Single zu sein. In Wahrheit ist er fest gebunden. So was passiert oft, ist Alltag im Tindergarten.

Angeblich verliebt sich bei Parship alle elf Minuten ein Single – bei Tinder mit den Matches vielleicht noch schneller, aber in sich selbst. Robin K. Bieber ist nach seinen Ausflügen zu Tinder weiterhin Single. Bevor er dort die große Liebe findet, holt er mit seinem Film den Oscar. And the winner is – the best Wischer of Germany aus Stuttgart!