Sportler im Musical: (von links) VfB-Spieler Matthias Zimmermann mit Lea Zimmermann und Wiebke Ginczek mit VfB-Spieler Daniel Ginczek. In unserer Bilderstrecke sehen Sie, wen es zur Bodyguard-Premiere außerdem ins SI-Centrum nach Stuttgart gelockt hat. Foto: Getty Images Europe

Das Musical „Bodyguard“ hat zur Premiere in Stuttgart einige Promis ins SI-Centrum gelockt. Darunter bekannte Schauspieler, Politiker und Spieler des VfB Stuttgart.

Stuttgart - In dieser Premierennacht bleibt die Zahl der Bodyguards überschaubar. Denn superwichtige Menschen, die welche brauchen könnten, etwa Vorstandsvorsitzende von Dax-Unternehmen, fast so reiche Diven oder im Vergleich dazu bettelarme Regierungschefs, glänzen durch Abwesenheit.

Stattdessen spucken die Limousinen am Donnerstag vorm Palladium zur Stuttgart-Party des 2012 in London uraufgeführten Whitney-Houston-Musicals „Bodyguard“ den „Promi-Big-Brother“-Moderator Jochen Bendel oder den Ex-Dschungel-Camper Julian F. M. Stoeckel aus – der Leibwächterbedarf hält sich damit in Grenzen.

16 Hits von Whitney Houston – mehr als im Film

Mit der in Hollywood angesiedelten Sex-and-Crime-Show versprechen die Musicalmacher „Glamour und Glitzer“ – das Gegenteil von dem, was in Stuttgart, in der Kapitale des Understatements, zu Hause ist. Der mangelnde Glamourfaktor der VIP-Liste könnte kaum passender für eine Stadt sein, in der man nicht protzen mag, in der das Publikum aber trotzdem abgeht. Manch eine Zuschauerin verdrückt schon in der ersten Hälfte Tränen – dank der Schmacht-Balladen von Whitney Schmuston.

16 Hits – mehr als im Film – , ein Kinderdarsteller, dem die Herzen zufliegen, wilde Tanzszenen und Projektionen auf Vorhänge, die wie Filmschnitte wirken: Auf rasante Fahrt mit der Achterbahn der Emotionen begibt sich das großartige Ensemble. Der Hamburger Jürgen Marx, der Stage-Chef für den Süden, ist im Glück. Auch wenn Schwaben klagten, die echten Weltpremieren gingen stets an ihnen vorbei, sagt er, bekämen sie die besseren Inszenierungen – erst dann, wenn die Stücke anderswo eingespielt sind. Nach Köln, wo „Bodyguard“ zuletzt gastierte, hätte das Kreativteam etliche Szenen überarbeitet und deutlich verfeinert.

An den Kreativen liegt’s, warum die Stuttgart-Premiere im September gefeiert wird. Sonst geht die Stage Entertainment mit was Neuem lieber nah ran ans Weihnachtsgeschäft. Die Macher des Musicals konnten später nicht. Ist doch gut so! Endlich muss keiner beim Warten auf die VIPs vor dem Theater frieren. Wir erinnern uns an Premieren bei Schnee! Und endlich darf der Teppich wieder draußen ausgerollt werden. Disney hatte nach Terroranschlägen angeordnet, bei allen Premieren streng die Eingänge zu schützen. Im Freien sollte gar nichts mehr stattfinden. Bei „Mary Poppins“ befand sich die Fotowand für die Medien deshalb im Foyer des Theaters oben. Für „Bodyguard“ ist, wie früher üblich, draußen ein Zelt aufgebaut, in dem Presse und Promis aufeinandertreffen.

Spielzeit beträgt vorerst nur ein Jahr

„I will always love you!“ Da keiner weiß, wie lange Stuttgart die Musicalfassung nach dem Kino-Blockbuster lieben wird, hat die Stage vorerst nur eine einjährige Spielzeit angesetzt. Wer wird denn schwarzsehen und glauben, dass die Show nicht mehr Puste hat? Schwarz ist Trumpf! Der rote Teppich ist in dieser Nacht schwarz – aber nicht, weil „Playboy“-Gründer Hugh Hefner gestorben ist. Die Farben Schwarz und Gold dominieren das Stück – schwarz wie die Smokings bei der Oscar-Verleihung und goldenfarben wie die Trophäe und das Kleid der Diva. Gesehen: die Schauspieler Natalia Wörner, Walter Sittler, Richy Müller und Colline Ulmen-Fernandes, Mimi Kraus, VfB-Spieler Daniel Ginzcek, Moderatorin Tatjana Geßler, Model Giulia Siegel, Playmate Mia Grauke, Frl. Wommy Wonder.

VIP-Überraschungen sind nicht dabei, „aber alle sind ausgesprochene Musicalfans“, redet Jürgen Marx die geringe Promidichte schön. Teure Stars werden nicht mehr als Fotomotive eingekauft. Gespart werden muss! Auch die seit Jahren üblichen Freitickets fürs Parken sind gestrichen.

Nicht nur bei den Promis gilt: Das Einzugsgebiet der Stuttgarter Musicals ist, anders als etwa bei den Hamburger Theatern, begrenzt. „Die meisten, die ins SI-Centrum kommen, wollen daheim übernachten“, sagt Marx. Aus München etwa reise so gut wie niemand an. Die Werbung für Stuttgart könne man sich dort also sparen. An der Isar plant die Stage „Fack Ju Göhte“ als Musical in einer Fabrikhalle für Januar 2018. Damit wolle man junge Menschen fürs Genre gewinnen. Die Eintrittspreise sind geringer als in klassischen Häusern. Ob die Adaption des Kinoerfolgs nach Stuttgart wechselt, ist laut Marx noch offen. Man bräuchte dafür eine andere Location als die üblichen Theatersäle.

Musical mit Hits von Tina Turner geplant

Am Stuttgart-Standort mit zwei Häusern will die Stage auch unter den neuen Besitzern, den Finanzinvestoren aus Luxemburg, festhalten, versichert der Stage-Direktor. Fürs SI-Centrum sei ein Fünf-Jahres-Plan festgelegt. Am 18. Februar löst der Glöckner von Notre-Dame im Apollo-Theater das Kindermädchen Mary Poppins ab. Welche Stücke danach nach Stuttgart kommen, ist streng geheim. Doch der Stage-Direktor nennt unserer Zeitung gegenüber mögliche Stoffe. Ein Musical zu den Hits von Tina Turner ist im Gespräch, die Fortsetzung von „Mamma Mia!“ ebenso, wie auch fürs Kino vorgesehen, sowie die Show „Anastasia“.

Erst einmal soll sich Stuttgart an einer liebenden Diva erfreuen, die glitzernd auf Nebelwolken entschwebt. Die Musik macht „Bodyguard“ quasi sehenswert. Whitney Houston ist unerreichbar. Aber zum Anhimmeln der verstorbenen Sängerin eignet sich die Show trotz einiger Mängel wunderbar.